DRITTER ADVENTSONNTAG (A): 11.12.2022

DRITTER ADVENTSONNTAG (A): 2022-12-11

KERNBOTSCHAFT: Wenn die Verheißung zur Gegenwart wird, verlangt sie von uns eine erhöhte Aufmerksamkeit.

Den erwarteten in vielen Zeichen seiner Gegenwart entdecken: Wenn unsere Erwartung ganz groß ist und wir von ihrer Dynamik ganz durchdrungen sind, kann es passieren, dass wir mit dem Erwarteten einseitig werden und andere wesentliche Dinge übersehen und versäumen. Tiefe Sehnsüchte können uns dermaßen in Anspruch nehmen, dass wir den Blick auf andere wichtige Perspektiven verlieren. Wenn die Erwartung auf das Erwartete überfixiert ist, kann es auch zur Unfreiheit führen. So möchte ich die Haltung des Täufers Johannes an diesem Sonntag sehen. So groß war seine Erwartung, dass er, bedrängt vom Gefängnis, den verheißenen und angekommenen Messias immer noch erwartete. „Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Die Erwartung des Johannes hat aber begonnen, sich zu erfüllen, er erkannte die Zeichen dieser Erfüllung dennoch noch nicht. Jesus beruhigte allerdings die Jünger des Täufers und erteilte ihnen diesen Auftrag für ihren Lehrer: „Geht und berichtet Johannes, was ihr hört und seht: Blinde sehen wieder und Lahme gehen; Aussätzige werden rein und Taube hören; Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium verkündet. Selig ist, wer an mir keinen Anstoß nimmt.“ Es heißt auch: Selig ist, wer mir als Gottessohn und Erlöser vertraut! Das Paradoxon ist, dass das Erwartete gegenwärtig voll im Gang war, wurde jedoch nicht erkannt. Das kann auch uns in unserem alltäglichen Leben passieren.

Was uns nottut, ist die Haltung des Bauers: Der Apostel Paulus sagt uns, welche Grundhaltung am besten angemessen ist, wenn wir auf den Herrn warten. „Haltet geduldig aus bis zur Ankunft des Herrn!“ Es kann ja leicht passieren, dass wir unsere allgegenwärtige Ungeduld im täglichen Leben in die adventliche Haltung hineinnehmen. Das wäre aber sehr schade, denn dann würde das Fest der Geburt des Menschenerlösers an uns vorbeigehen, ohne dass wir sagen können: Der Herr ist bei mir angekommen; er hat mich tief berührt und mich mit innerer Freude erfüllt. Paulus gibt uns ein ganz natürliches Beispiel in die Hand, wie wir uns auf das Hochfest von der Geburt des Herrn richtig vorbereiten: „Siehe, auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet geduldig auf sie, bis Frühregen oder Spätregen fällt. Ebenso geduldig sollt auch ihr sein; macht eure Herzen stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor.“ Das „starke Herz“ ist aber ein allzeit aufnahmebereites Herz; ein Herz, das standhaft ist in der Liebe. Zu einem solchen Herzen passen alsdann diese wunderbaren Worte der Verheißung des Propheten Jesaja: „Die vom HERRN Befreiten kehren zurück und kommen zum Zion mit Frohlocken. Ewige Freude ist auf ihren Häuptern, Jubel und Freude stellen sich ein, Kummer und Seufzen entliehen.“ Fürwahr eine adventliche Erwartung und Haltung!

HOCHFEST MARIÄE EMPFÄNGNIS (A): 08.12.2022

HOCHFEST DER OHNE ERBSÜNDE EMPFANGENEN JUNGFRAU MARIA (A): 2022-12-08

KERNBOTSCHAFT: In Gott findet sich und wächst unsere wahre menschliche Identität.

Gott antwortet selber auf die Frage aller menschlichen Fragen: Die christliche Botschaft, die in diesem Hochfest der Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria steckt, ist so mannigfaltig, dass ich ausschließlich unsere Aufmerksamkeit auf ein Thema lenken will, das uns alle massiv angeht und meistens die Wurzel unserer existenziellen Probleme ist. Die bohrende Frage, die Gott dem Adam stellt, beschäftigt mich immer wieder sehr intensiv. Sie ist zu einer Grundorientierung in meinem persönlichen Leben geworden: „Adam, wo bist du?“ Es geht nicht um Örtlichkeit, um einen konkreten Platz. Gott fragt Adam, woher und wie er seinen Standpunkt im Leben bezieht. Was machst du aus deinem Leben und wonach orientierst du dich überhaupt. Adam hat seine Lebensorientierung in Gott verwirkt. Das größte Problem des ersten Menschen war die Selbstentfremdung und die Kirche nennt sie die >>Erbsünde<<; einen allgemeinen und wesenseigenen Hang zur Selbstentfremdung. Die Lehre darüber, dass Gott aus seinem Ur-Willen Maria vor der >>Erbsünde<< bewahrt hat, ist eine wesentliche Grundaussage unseres Glaubens. „Gott setzt in Maria einen radikalen Neuanfang in seiner Geschichte mit den Menschen und unterbricht durch seine Menschwerdung den Kreislauf des Bösen.“ Es gibt in allen Menschen den grundlegenden Anhang zum Bösen. Es war Gottes eigenes Recht, Maria davor zu bewahren. Darum ist Maria die Ersterlöste und zugleich das Urbild der Menschheit. Denn gerade an ihr wird sehr deutlich, wie der Schöpfergott den von seinem Ursprung her gemeint hat. Wir dürfen also in Maria schauen, was Gott mit uns vorhat.

Was trauen wir Gott überhaupt wirklich zu? : Manches Mal kommt es mir allzu lächerlich vor, wenn Menschen, die an Gott zu glauben meinen, sich so behaupten, als wüssten sie immer schon, was Gott kann und wie er das, was sie ihm zubilligen, können sollte. Hören wir [noch einmal] diese wunderbaren Worte des Apostels Paulus: „Gepriesen sei Gott, der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus. Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel. Denn in ihm hat er uns erwählt vor der Grundlegung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor ihm.“ Ob dies nicht eine unvergleichliche Ermutigung für unser ganzes Leben ist?! „Adam, wo bist du?“ Auf welchem unerschütterlichen Fundament steht dein Leben? Ich teile allzu gern einen Vers aus Psalm 139, der zu meinem wichtigsten Lebensanker gehört: „Du selbst hast mein Innerstes geschaffen, hast mich gewogen im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir, dass ich so staunenswert und wunderbar gestaltet bin.“ Lassen wir doch einmal in einer kurzen Stille die ganze Bedeutung dieser Worte in unsere Seelen sinken! [Wiederholung des Zitats!) Schwestern und Brüder, das ist Gott für dich und für mich. Das war Gott für Maria. Gott handelt nicht nach unserem Vernunftkalkül. Vielmehr handelt er nach seinem wohlwollenden Heilswillen. Es möge uns stetig gut gelingen, dass wir in das wunderbare Geheimnis des göttlichen Willens hineinwachsen. Es heißt, dass wir wie Maria immer wieder sagen: „Sie ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast.“

ZWEITER ADVENTSONNTAG (A): 04.12.2022

ZWEITER ADVENTSONNTAG (A): 2022-12-04

KERNBOTSCHAFT: Es gibt eine Hoffnung, die Mensch und Welt nicht verlässt, weil sie aus Gott ist.

Bilder der Hoffnung im Herzen bewahren: Mitten in allen negativen Nachrichten und Schreckensbildern, die auf uns prasseln und eine pessimistische und depressive Stimmung in unseren Seelen verursachen, brauchen wir erbauliche Kontrastbilder, Bilder der Hoffnung, kleine und große Hoffnungszeichen. An diesem zweiten Adventsonntag werden wir reichlich mit solchen Bildern der Hoffnung bedient. Was uns im 11. Kapitel des Buches des Propheten Jesaja verkündigt wird, entspricht unserer tiefsten verborgenen Sehnsucht: Es möge endlich der Friede herrschen unter den Menschen und Völkern; die Umwelt, die gute Schöpfung Gottes möge geheilt werden. In den unglaublichen und märchenhaften Bildern der ersten Lesung erkennen wir die Urabsicht Gottes für uns und unsere Welt. Ja, Gottes Traum für Welt und Mensch möchte wahr werden. Dieser Traum ist unsere Hoffnung und erfüllt sich im Reis, das aus dem Baumstumpf Ísais hervorwächst. Ein junger Trieb aus seinen Wurzeln wird Frucht bringen. Gerade dieses Bild macht Mut. Vielleicht versuchen wir einmal still zu werden und in dieser Stille des Herzens uns zu fragen, was denn unsere tiefste Sehnsucht ist. Wir brauchen eine von Gott gewollte und eingesetzte Kraftquelle, wenn wir am Boden liegen. Diese üppigen Bilder sagen uns, dass eine alternative Welt, ein alternatives Zusammenleben der Menschen möglich ist gegen alle Formen der Gewaltorgien und Machtmissbräuche dieser Welt.

Der Friede braucht eine Umkehr: Schwestern und Brüder! Wenn wir ein schöneres und sinnvolleres Leben haben wollen als in unserer Welt gegenwärtig möglich ist, müssen wir schon auf die Stimme des Herrn hören und unsere innere Haltung ändern. Wir müssen uns auf das Wort des Johannes einlassen: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. … Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!“ Auf die konsequente Nachfolge Jesu kommt es an, wenn die Christen und Christinnen diese Welt friedvoller und sinnvoller mitgestalten wollen. Der Apostel Paulus wusste, dass die Weltveränderung innerhalb des Kreises der Jünger und Jüngerinnen Jesu Christus zu beginnen hat. Er unterstrich die hohe Bedeutung der Schrift, wenn der Glaube wahre Früchte tragen sollte. Für ihn war und ist das Gottvertrauen unentbehrlich: „Der Gott der Geduld und des Trostes aber schenke euch, eines Sinnes untereinander zu sein, Christus Jesus gemäß, damit ihr Gott, den Vater unseres Herrn Jesus Christus, einmütig und mit einem Munde preist. Darum nehmt einander an, wie auch Christus uns angenommen hat, zur Ehre Gottes!“ Jesus Christus ist darum die Quelle der Hoffnung und des Friedens. Dies zu begreifen, heißt adventlich zu leben.

ERSTER ADVENTSONNTAG (A): 27.11.2022

ERSTER ADVENTSSONNTAG (A): 2022-11-27

KERNBOTSCHAFT: Dass wir mit Gott von seinem Weltfriedensinitiative träumen und glaubwürdige Zeuginnen und Zeugen von ihr werden. Das soll unsere Herzen erwärmen.

Herzerwärmender Aufbruch zur Hoffnung in Wort und Tat: Ganz nüchtern beschreiben die österreichischen Bischöfe in ihrem Hirtenwort zum Advent 2022 die allgemeine negative Stimmung hierzulande: „Verunsicherung, Ängste und das diffuse Gefühl, einer schwierigen Zukunft entgegenzugehen, prägen das Leben vieler Menschen in unserem Land.“ Diese negative Stimmung betrifft allerdings nicht ausschließlich Österreich! Die zentrale Botschaft der Bischöfe findet ihren Anklang in unserer ersten Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja: „Werft eure Zuversicht nicht weg!“ Der Prophet sagt: „Der Berg des Hauses des HERRN steht fest gegründet als höchster der Berge; er überragt alle Hügel. Zu ihm strömen alle Nationen. Viele Völker gehen und sagen: Auf, wir ziehen hinauf zum Berg des HERRN und zum Haus des Gottes Jakobs. Er unterweise uns in seinen Wegen, auf seinen Pfaden wollen wir gehen.“ Diese Worte sind „aufregend und schön“ Sie erzeugen Wärme tief im Herzen. Etwas Schöneres kann aus unserem Leben und aus unserer Welt werden, als wir gegenwärtig erleben! Der Apostel Paulus ist auch davon überzeugt, dass etwas Schönes möglich ist: „Die Stunde ist gekommen, aufzustehen vom Schlaf. Denn jetzt ist das Heil uns näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe.“ Dann gibt er uns allerdings die Voraussetzungen für das Werden des Schönen: „vom Schlaf aufzustehen“, „ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts“, „ehrenhaft leben wie am Tag“; vor allem, „den Herrn Jesus Christus anziehen“. Paulus sagt uns, worin die Kraftquelle für ein Leben voller Licht liegt.

Mitgefühl und Wachsamkeit werden unser Leben und unsere Welt verändern: Das ermutigende Wort der österreichischen Bischöfe zum Advent 2022 „Werft eure Zuversicht nicht weg!“ hat seine Bestätigung bei Jesus im Evangelium. Jesus ermutigt uns, stets auf das göttliche Zeichen der Hoffnung zu achten, auf „das Zeichen des Menschensohnes am Himmel“. Advent ist die Einladung an uns, wachsam zu sein für das heilende und trostreiche Kommen des Gottessohnes in unserem Leben. Sein Kommen erhellt unser Leben, zwar gerade in den dunklen Stunden unseres Lebens. Advent ist eine besondere Zeit der inneren Einstellung und Umstellung. Meine Lehrtherapeutin Elisabeth Lukas beschreibt den Advent folgendermaßen: „Der Advent ist genau der richtige Moment, um die Zukunftsangst, die heute im Aufwind ist, gegen ein Zukunftsvertrauen auszutauschen, das auf dieser Hoffnung auf inneres Fortschreiten gründet.“ (Sonntag, Nr. 47, 27.11.2022) Möge diese große Hoffnung, die uns in allen drei Lesungen verkündet wird, uns allen zuteilwerden!

30. MONATSWALLFAHRT FATIMA_13.07.2022

30. FATIMA MONATSWALLFAHRTSGOTTESDIENST: 2022-07-13

LEITTHEMA: „Mit Maria aus der Kraft des Glaubens das Leben meistern“

Unser Glaube an Gott wird erprobt an bestimmten Grenzerfahrungen: Der christliche Glaube kann sehr strapaziert werden, ja, sogar ist er manches Mal überstrapaziert. Immer wieder, wenn ich die herausfordernden Situationen mancher Menschen wahrgenommen habe, kam mir eine ergreifende und erschütternde Szene beim Musical „Anatevka“ der Hauptdarsteller Karl Merkatz aus spürbarer Verzweiflung im Angesicht eines Pogroms gegen das jüdische Volk aus voller Kehle geschrien hat: „Wann hörst DU auf mit DEINEN Katastrophenveranstaltungen? Der Glaube an DICH ist mein Untergang!“ Denken wir in diesem Zusammenhang an Hiob, der den Tag seiner Geburt verflucht hat! Es gibt einfach die „Schmerzgrenze“ (Joachim Bauer) der Leidenserfahrung für uns Menschen. Versagt uns der Glaube nicht in solchen Situationen? Sollte aber nicht gerade der Glaube an Gott einem verzweifelten Menschen einen Halt geben? Was trägt denn noch, wenn der Glaube an Gott nicht mehr trägt? Welcher Glaube trägt aber nicht mehr? Wie glauben wir, die wir zu wissen meinen, dass wir glauben?

Maria vertraute weiterhin in Gottes Vorsehung und Liebe am Fuß des Kreuzes: Nichts bricht einer Mutter das Herz, wie das Kind, das sie geboren hat, sterben zu sehen. Diese menschliche Erfahrung galt auch Maria, der Mutter Jesu. „Ein Schwert wird durch deine Seele dringen“; das erlebte sie gerade und besonders am Fuß des Kreuzes, auf dem ihr Sohn starb. „Die Kraft des Glaubens hat mir geholfen.“ „Herr Pfarrer, wenn ich meinen Glauben nicht hätte, wüsste ich nicht, was tun.“ So sprachen und sprechen immer wieder Menschen. Solche Menschen, die im Leben etwas erlitten haben, haben uns „etwas“ zu erzählen. Sie sind eine Art Hochschule des Lebens. Das ist aber Maria, die Mutter Jesu, in einer unübertrefflichen Weise. Sie bewahrte alles in ihrem Herzen, kraft ihres Vertrauens auf Gott. Ihre Erinnerungen an die Botschaft des Gottes Engels an sie waren ihr sicherlich eine unversiegbare Quelle der Kraft, des Durchhaltens mitten in einer offensichtlichen Verzweiflung. Mit Maria können wir lernen: Wenn wir Halt in Gott finden, fängt trotz allem das Leben an anders wieder aufzublühen. Es ist schon wichtig, dass wir die richtige Einstellung zum Glauben an den Gott Jesu Christi entwickeln und vertiefen. Denn dieser Glauben nimmt uns kein Leid weg. Er trägt uns jedoch durch das Leid hindurch. Das ist das tiefsinnige christliche Glaubensverständnis nach dem Hebräerbrief: „Der Glaube ist das Feststehen in dem, was man erhofft, und Überzeugtsein von Dingen, die man nicht sieht.“ (Hebr 11,1) Das ist gerade das Zuvor bei Maria, das ihr geholfen hat, mitten im Leid nicht unterzugehen. Der christliche Trost aus dem Glauben lautet also: Der Mensch ist vor Gottes Angesicht nicht verloren, denn es gibt das „Danach“, welches in seiner unwiderruflichen Zuwendung besteht. Mögen wir nie ohne das Bewusstsein der göttlichen Zuwendung sein!

SECHSZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS(C)_17-07-2022

SECHSZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-07-17

KERNBOTSCHAFT: Wir brauchen mitten im Alltagsleben eine schöpferische Zeit, um mit unserem Innersten in Berührung zu kommen.

Die „Work-Life-Balance“ ist eine heilende Erkenntnis aus unserer Leistungsgesellschaft: Unser Leben braucht Übergänge, die im Alltag sinnvoll gestaltet werden möchten. Das weitverbreitete Phänomen des Burnout-Syndroms ist eine Warnung für uns, dass wir in Berührung mit unserer eigentlichen Lebenswirklichkeit kommen sollen. Die neue Wortschöpfung „Work-Life-Balance“ entspringt unserer tiefsten Sehnsucht als Menschen: der Sehnsucht nach einem Lebensausgleich. Es handelt sich um ein Ausgewogen-sein, um ein Gleichgewicht. Es geht darum, dass zu einer seelischen Ausgeglichenheit des Menschen gehört, dass er sich leidenschaftlich engagiert, sich einsetzt und dass er arbeitet. Gleichzeitig sollte er allerdings Momente eines inneren Ausgleichs anstreben, um mit sich selbst – ja, um mit seiner Wesentlichkeit – in Berührung zu kommen. Mitten in aller Geschäftigkeit tut es dem Menschen gut, seiner Seele nachzukommen. Es sind ja nicht wenige, die im eigenen seelischen Haushalt Flüchtlinge sind! Unterschiedlich, aber gemeinsam verweisen uns alle drei Schriftlesungen auf die „Glanz-Momente“ inmitten unseres Alltags. Dabei sind es manches Mal wirklich die sogenannten „Zufälle“ geradezu jene Orte, an denen sich das Wunder nistet (V. E. Frankl). Wir könnten uns vermehrt für solche „wunderbaren Zufälle“ sensibilisieren. Es sind auch Momente der Begegnung mit Gott. Das sagt uns folgendes neugeistliches Lied, das ich mit euch singen möchte: „Manchmal feiern mitten im Tag ein Fest der Auferstehung. Stunden werden eingeschmolzen, und ein Glück ist da.“ „Manchmal feiern wir mitten im Tun ein Fest der Auferstehung. Sperren werden übersprungen, und ein Geist ist da.“ Ja, es gibt sie, die Erfahrungen, bei denen die Stunden eingeschmolzen werden und ohne Anstrengung ist das Glück einfach da. Auf einmal werden Sperren übersprungen und es herrscht ein Geist, ein Geist der Neuschöpfung und Erfüllung.

Raum schaffen und offen lassen für die Begegnung mit Gott: Der „Eiche von Mamre“ ist sehr symptomatisch für die besondere Bedeutung von Bäumen in vielen Kulturen. Bäume weisen oft genug auf ein Heiligtum hin, auf einen Wallfahrtsort, als Orte der Begegnung und des gemeinsamen Festes. Eigentlich bietet uns jeder Ort die einzigartige Gelegenheit für eine berührende Gottesbegegnung. Unerwartet wird aus einer Begegnung ein Hingerissen-sein und deshalb ein Verweilen, ein Segen. In solchen Augenblicken bleibt die Zeit buchstäblich stehen und aus Fremden werden Vertraute. Allein worauf es in solchen Situationen wirklich ankommt, ist die Bereitschaft und die Fähigkeit zuzuhören. Was mir sehr wichtig scheint beim Besuch Jesu bei Martha und Maria ist, dass wir das Verhalten der einen Schwester nicht gegen das der anderen Schwester ausspielen. Gastfreundschaft ist wichtig und bedeutet Hingabe. Das Hören des Wortes des Lebens, des Wortes Jesu, ist ebenfalls wichtig. Was nottut, ist das Gleichgewicht, die sogenannte „Work-Life-Balance“. Das Grundgesetz der Benediktinischen Regel lautet deshalb „Ora et labora!“, bete und arbeite! Die Worte des Apostels Paulus sind darum für unsere Lebensgestaltung sehr ermutigend: „Christus ist unter euch, er ist die Hoffnung auf Herrlichkeit.“ Wir können uns an Christus festmachen, „der unter uns lebt, der uns Hoffnung und Zuversicht schenkt, dessen Leib wir als Kirche darstellen“. Wir brauchen Räume der Begegnung mit ihm, vor allen Dingen in der Eucharistiefeier.

FÜNFZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS(C)_10-07-2022

FÜNFZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-07-10

KERNBOTSCHAFT: Wir sollen die Stunde erkennen und ergreifen, in der Gott seine Liebe zu den Menschen in und durch uns offenbaren will.

Was sollen wir tun? : Diese Frage (eine existenziell-ethische Frage) verrät uns, dass unsere Lebensgestaltung nicht immer glatt vor sich geht. Es gibt Entscheidungssituationen, die überhaupt nicht leicht sind. Jede und jeder von uns kommt irgendwann in solche Situationen, in denen nur wir die anstehenden Entscheidungen zu treffen haben. Beispiele gibt es zur Genüge und braucht nicht extra erwähnt zu werden. Manches Mal handelt es sich um entscheidende Augenblicke. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass die Frage, wer wir sind, also die Frage nach unserer Identität, nur dann richtig beantwortet werden kann, wenn bekannt ist, welche Entscheidungen wir im Leben getroffen haben. Wir sind also geradezu die Entscheidungen, die wir Tag ein Tag aus treffen oder bereits getroffen haben. Gefragt im Leben ist nicht wirklich, wie viel Wissen oder Reichtum ein Mensch sich erworben hat. Erzähle mir also von den Entscheidungen, die ein Mensch getroffen hat und ich sage dir, wer dieser Mensch ist. Hören wir uns diese Formulierung von Leo Tolstoi an: „Wichtig ist nicht die Menge des Wissens, sondern die Güte. Man kann sehr viel wissen, dabei aber nicht einmal das Nötigste.

Den Augenblick für Gottes Heilswirken erkennen: Ich verstehe das Gleichnis über den barmherzigen Samariter im Zusammenhang mit dem Erkennen jenes Augenblickes, in dem Gott in und durch uns etwas Gutes und Schönes für die Menschen wirken kann. Ob der Ausgangspunkt dieses Gleichnisses „Und wer ist mein Nächster?“ Ist diese Frage nicht ein hochaktuelles Thema in unserer Welt ist? Die Anweisung Jesu „Du, geh und handle genauso!“, sehe ich in diesem treffsicheren Spruch von Leo Tolstoi zusammengefasst: “Die wichtigste Stunde im Leben ist immer der Augenblick; der bedeutsamste Mensch im Leben ist immer der, welcher uns gerade gegenübersteht; das notwendigste in unserem Leben ist stets die Liebe.“ (Leo Tolstoi) Möge Gott uns die Augen öffnen für die Menschen, die uns brauchen. Möge unsere Leidempfindlichkeit unser eigener Beitrag zum Frieden in unserer Welt sein. Es ist wirklich gerade diese Leidempfindlichkeit, die uns zu wahren Menschen macht.

VIERZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS(C)_03-07-2022

VIERZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-07-03

Gedächtnisfeier meines Primiztags vor 34 Jahren (1988).

KERNBOTSCHAFT: Unsere Welt braucht die Aufrichtung des Kreuzes mitten im Leben. Es ist Gottes Art, seine absolute Barmherzigkeit kundzutun.

Die Gnade der Berufung: Die über 2.000 Menschen, die bei meiner Primiz anwesend waren, hatten keine Ahnung von meinen zweimaligen inneren Kämpfen in meiner Berufungsgeschichte. Sie erlebten einen Fabian in der Glücksfülle und freuten sich sehr mit mir und für mich. Mein Werdegang zum katholischen Priestertum führte mich über zwei große innere Kämpfe zu einem kompromisslosen Glauben an Jesus Christus, und zwar im Hinblick auf seine Kreuzeshingabe. Am meinen Primiztag teile ich mit euch meine Kampferfahrungen in der Hoffnung, euch Mut und Freude zu machen in der eigenen Glaubensentscheidung, denn die Entscheidung für Jesu Nachfolge ist nicht immer leicht, dennoch erfüllend.

Erster Kampf: 1979 vor Beginn meines Studiums der Philosophie und am Ende meiner Erziehertätigkeit im größten Knabenseminar der Welt. Wegen der großen Ungerechtigkeit in Nigeria gegenüber Jugendlichen wollte ich nicht mehr Priester werden, sondern Jus studieren. Der Spiritual erfuhr davon und wollte mich überreden; ich sollte in die Seminarkirche beten gehen, denn es wäre schade, würde ich aufhören. Ich weigerte mich jedoch zu beten. Es wurde Nacht. Eine Nacht voller Unruhe und Kämpfe und Schweißausbruch. Ich verfiel einem Schlummer. Am nächsten Tag war ich entschlossen, den Weg der Priesterausbildung weiter zu gehen.

Zweiter Kampf: 1987 in Österreich, im Stift Zwetl. Der Zweifel kam hoch bei unseren gemeinsamen Weiheexerzitien. Ich rauchte viel Zigaretten und Pfeife wie nie zuvor. Meine ungewöhnliche Unruhe fiel meinem nigerianischen Freund und Kollegen auf. Er stellte mein gehäuftes Rauchen in Frage. Ich bat ihn darum, mich in Ruhe zu lassen. Das Beben ging vorüber, als ich spürte und erkannte, dass Jesus gerade mich in meinem Zweifel braucht.

Andere Kämpfe: Heute gibt es andere Kämpfe mit Jesus Christus an meiner Seite und als meine Gallionsfigur. Ich habe sein Kreuz stets vor meinen geistigen Augen. Die Frage, die ein Freund mir unlängst in einer Glaubensdiskussion stellte, ist die erneuerbare Kraft in meiner priesterlichen Existenz: „Erkennen wir (die Christen und Christinnen) den Jesus am Kreuz?“ Liebe Freunde und Freundinnen in Jesus Christus! Das ist die große Theologie des Kreuzes! Das ist die größte Frage einer christlichen Revolution, einer Revolution der Liebe; einer Revolution der Leidempfindlichkeit! Als ein Neffe mir einmal bei einem Spaziergang die Frage stellte, warum ich so vielen Menschen helfe, habe ich ihm ohne Zögern geantwortet: „Weil ich immer das Antlitz des gekreuzigten Jesus an ihren Gesichtern wiedererkenne.“

Beständige Grundorientierung in meiner Nachfolge Christi als Priester sind für mich folgende Wortes Weihebischofs an mich in jenem ergreifenden Augenblick als ich vor ihm knieten und Brot und Kelch überreicht erhielt: „Empfange die Gaben des Volkes für die Feier des Opfers, bedenke, was du tust, ahme nach, was du vollziehst und stelle dein Leben unter das Geheimnis des Kreuzes!“

Hier ist das Gebet des Priesters bevor er Jesus Christus in Brot und Wein empfängt: „Herr Jesus Christus, Sohn des lebendigen Gottes, dem Willen des Vaters gehorsam, hast du im Heiligen Geist durch deinen Tod der Welt das Leben geschenkt. Erlöse mich durch deinen Leib und dein Blut von allen Sünden und allem Bösen. Hilf mir, dass ich deine Gebote treu erfülle, und lass nicht zu, dass ich jemals von dir getrennt werde.“ Ich bitte euch darum, für mich in diesem Sinne zu beten.

WEIHETAG DER KLOSTERKIRCHE_26.06.2022

DREIZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-06-26

EIGENER WEIHETAG DES KLOSTERS DER BENEDIKTINNERINNEN

 

KERNBOTSCHAFT: Berufung zum Zeugnis – individuell und als Klostergemeinschaft.

Schrift: 1Kön 8,22-23.27-30; 1 Kor 3,9c-11.16-17; Mt 16,13-19

Ruhe finden an geheiligten Stätten: „Unser Herz ist unruhig bis es ruht in dir, Herr, unser Gott.“ Dieser Spruch wird dem heiligen Augustinus zugeschrieben. Ist dies nicht eine grundlegende menschliche Situation? Ist die tiefste Sehnsucht des Menschen nicht seine Sehnsucht nach Gott? Mir bleibt es fern, eine Schwarz-Weiß-Malerei über die allgemeine Situation unserer gegenwärtigen Weltgesellschaft wie auch über die persönlichen Erfahrungen vieler Menschen zu betreiben. Es ist jedoch unabdingbar, dass wir uns keiner Illusion einer guten Ordnung hingeben. Die großen Spaltungen in unserer Weltgesellschaft haben ihren Ursprung in den Herzen der Menschen. Darum kommt dem Weihegebet des Königs Salomo für den Altar des Tempels eine hochaktuelle Relevanz zu. Im jenen Weihegebet des Tempels wird uns gesagt, wie Gott sich bindet und seine Huld, also sein Wohlwollen, dem Volk schenkt. Trotz der Erhabenheit Gottes spricht der König dennoch mit Gott: „Wende dich, HERR, mein Gott, dem Beten und Flehen deines Knechtes zu! … Höre auf das Gebet, das dein Knecht an dieser Stätte verrichtet!“

Das Kirchengebäude ist äußeres Zeichen für die erlösende Gnade Gottes in Jesus Christus: Die schönsten und teuersten Kirchen helfen uns (und anderen Menschen) zu wenig, wenn die persönliche Beziehung zu Jesus fehlt. Das hat Paulus so treffsicher ausgedrückt: „Denn einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus.“ (1 Kor 3,11) Darum ist die Frage Jesu das Um und Auf der christlichen Spiritualität: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Eine Kirche als Gebetsstätte kann dazu beitragen, dass wir uns die Antwort des Petrus zu Eigen machen: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes!“ (Mt 16,16b) Es war sehr aufschlussreich und zugleich aus meiner Sicht sehr ergreifend, zu sehen und erleben, wie mitten in der Bedrohung und Unberechenbarkeit des Corona Virus viele Menschen die offenen Kirchen in Wien aufgesucht haben, obwohl die Wälder auch eine sinnvolle Möglichkeit für einen heilsamen Rückzug waren. Liebe Schwestern! Ich sage euch, was ihr selber eh wisst, auch unter der Gefahr, dass ich wiederhole: Ihr habt in dieser Kirche eine unbeschreiblich wunderbare Gebetsstätte! Möge viele Menschen sie immer wieder aufsuchen! Alles Gute zum Weihetag eurer wunderschönen Kirche bzw. Kapelle!

DREIZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS_26-06-2022

DREIZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-06-26

KERNBOTSCHAFT: Loslassen, um Raum zu schaffen für Gott uns entgegenhält.

Wenn es uns „erwischt“: Ich weiß nicht, ob eine Verallgemeinerung hier fehl am Platz wäre, dennoch bin ich der Ansicht, dass viele – wirklich viele – Dinge, die unser Leben positiv beeinflusst oder beeinflussen, meistens unverhofft passieren. Es gibt immer einen entscheidenden Augenblick; einen Augenblick der Sinnfülle, der Glücksfülle und der Dankbarkeit. Wie oft ist es doch der Zufall, an dem sich das Wunder nistet! (V. E. Frankl, 1905-1997). In solchen Augenblicken liegt die Entscheidung bei uns, ob wir die Gunst der Stunde ergreifen oder im Zweifel bleiben. Ein solcher Augenblick der Entscheidung ereignete sich bei Elisha durch den Propheten Elijah. „Im Vorbeigehen warf Elijah seinen Mantel über ihn.“ Es gab aber keinen großen Spielraum für Elisha, um sich zu entscheiden! Er musste auf die normalen Rituale im Zusammenleben der Menschen verzichten. „Sogleich verließ Elisha die Rinder, eilte Elijah nach und bat ihn: „Lass mich noch meinem Vater und meiner Mutter den Abschiedskuss geben; dann werde ich dir folgen.“ Elijah war dennoch sehr einfühlsam und erlaubte Elisha, von seinen Eltern Abschied zu nehmen.

Die Freiheit des Christenmenschen bei Paulus und Jesus: In der zweiten Lesung macht der Apostel Paulus einmal deutlicher, worum es in der Nachfolge Jesu Christi geht: Um die souveräne Freiheit. „Zur Freiheit hat uns Christus befreit. Steht daher fest und lasst euch nicht wieder ein Joch der Knechtschaft auflegen!“ Wie frei sind wir aber in unserem Christsein? Wie frei sind wir wirklich in der Nachfolge Jesu Christi? Es sind nicht wenige Menschen, die von ihrem [berechtigten] Empfinden her, Anstoß auf harte Forderung Jesu im Evangelium nehmen. Auch ein solches Empfinden ist ganz menschlich. Denn warum sollte ich meine lieben Verstorbenen nicht zuerst begraben, bevor ich mich Jesus anschließe? Allerdings, wenn Jesus mit uns etwas Großes vorhat, dann scheint er uns vor unterschiedlichen Ablenkungen zu schützen. Wir wissen doch, wie zaudernd wir sein können! Hier ist also die Botschaft Jesu für uns: „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes.“ Jüngerschaft verlangt nach Entschiedenheit. Die persönliche Entscheidung ist vielleicht oder sicherlich nicht immer leicht. Dennoch ist das Ziel des Rufes in die Nachfolge etwas Großartiges. Aufschub passt nicht zusammen zur Christusnachfolge! Der Gewinn ist aber groß. Möge deine Entscheidung für Jesus ohne Wenn und Aber sein!

Vorherige 10 Artikel Nächste 10 Artikel

Zurück