IMPULSPREDIGT_SONNWENDFEIER_25-06-2022

DREIZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-06-25/26

Sonnwendfeier und Erstkommunion.

KERNBOTSCHAFT: Entscheidung für ein Leben in Fülle.

EINFÜHRUNG:

Wir haben uns dafür entschieden, hierher zu kommen, um miteinander zu feiern, um unsere christliche Hoffnung zu feiern. Uns alle verbindet die große Sehnsucht nach einem erfüllten Leben. Zusammen mit unserer Isabella, die heute zum ersten Mal das Brot des Lebens, den Leib Christi, empfangen wird, wollen wir diese Sehnsucht nach einem Leben in Fülle feiern.

 

PREDIGTIMPULS:

Der große Prophet Elija beruft einen Schüler, Elisha, beim Vorübergehen. Er hat etwas Großes mit ihm vor. Auch mit uns hat Gott etwas Großes vor. Das finden wir nur heraus, wenn der Zeitpunkt da ist. Gott schreibt eine ganz tolle Geschichte für uns alle. Er schreibt sie in Jesus und durch ihn. Gott sagt uns in Jesus und durch ihn: Ich bin unterwegs mit euch. Auf eurem Lebensweg bin ich mit dabei. Das Leben soll euch gut gelingen. Es wird euch auch viel besser gelingen, wenn ich mit dabei bin. Unser Leben ist auf ein höheres Ziel ausgerichtet. Auf die Fülle des Lebens. Diese Fülle des Lebens heißt nicht, dass ich ganz gesund bin oder alles habe, was ich brauche. Es heißt vielmehr, dass ich mit Jesus innig verbunden bin und er die Lebenskraft ist, die mich nie verlässt.

Wie wissen wir, dass wir richtig mit Jesus unterwegs sind? Wenn wir uns nicht von vielen und manchen Dingen und Menschen ablenken lassen, und, wenn wir nicht allzu schnell müde werden, „die Hand an den Pflug legen und wegschauen“. Wir sollen tapfer bei Jesus bleiben und mit ihm unterwegs sein. Was ist unser Gewinn dabei? Die Fülle des Lebens. Eine innere Zufriedenheit – trotz allem, was manches Mal in unserem nicht glatt rennt.

Liebe Isabella! Wir, als Gemeinde Jesu, freuen uns mit dir und für dich, dass du heute inmitten der Gemeinschaft Jesu das lebendige Brot des Lebens, den Leib Jesu Christi, zum ersten Mal empfangen wirst. Dieser Jesus geht mit dir auf deinem Lebensweg und gibt dir Kraft, Mut, Hoffnung und Liebe. Das tut er ganz besonders durch deine Mama; und durch uns, die wir mit dir zu Jesus gehören. Nun zeigen wir dir das äußere Zeichen unserer großen Freude für dich (Applaus!).

ZWEITER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-01-16

ZWEITER SONNTAG IM JAHRESKREIS (C): 2022-01-16

KERNBOTSCHAFT: Spüren und erkennen, wo und wie Gottes lebendiger Geist in uns und in anderen Menschen wirkt.

Offensein für die stille Gegenwart Gottes: Das Nachdenken über das Wort Gottes in der Bibel führt mich immer wieder zu der Erkenntnis der göttlichen leisen Wirkungsweise. Am vergangenen Sonntag war die Rede aus dem Buch des Propheten Jesaja von der Sendung des Gottesknechtes: „Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Gasse erschallen. Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus.“ (Jes 42,2-3) Das entspricht weder unserer Grundhaltung im Alltag noch unserer spirituellen Erwartung Gott gegenüber. Wir lieben es meistens laut und demonstrativ. Das heißt Machtdemonstration. Gott ist jedoch anders. Er wirkt viel anders, ist trotzdem für die Menschen begleitend, tröstend und heilend da. Die Bibel ist voll davon, wie Gott widererwarten in das Leben der Menschen einbricht und ihrem ganzen Leben eine neue Sinnausrichtung gibt. Wenn Gott in das Leben einbricht, geschieht das, was uns der Prophet Jesaja in der ersten Lesung schildert: „Nicht länger nennt man dich >>Verlassene<< und dein Land nicht mehr >>Verwüstung<<, sondern du wirst heißen: >>Ich habe Gefallen an dir<< und dein Land wird >>Vermählte<< genannt.“ Wenn ich solche Zeilen lese, dann kommt mir der starke Glaube daran, dass die Suche nach dem Licht nie vergeblich ist und immer wieder Hoffnung und Freude aufleuchten können. Gerade eine solche Hoffnung wird uns vermittelt, dass Gott selbst die Beziehung zu uns nicht verlassen wird und sie achtsam, behutsam und zärtlich pflegt. Versuchen wir es doch immer wieder in der Vorstellung zu bleiben, wie sich das anfühlt, wenn ich selbst den Gedanken zulasse, dass Gott mich in seinen Händen hält – und halten möchte!

Das Beste kommt zum Schluss: So heißt es im Volksmund. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich diesem Spruch unbedingt ohne Vorbehalt zustimmen möchte. Es sind nämlich nicht wenige Menschen, die etwas anderes in ihrem Leben erlebt haben und erleben. Ich kann aber nur dann dem Spruch zustimmen wollen, wenn ich ihn auf Gott und mein Gottvertrauen beziehe. Was ich für mein eigenes Leben aus dem Evangelium von der Hochzeit in Kana in Galiläa lernen kann, ist, dass Gott seine eigene Zeitbestimmung hat, aber dass er ein Gott des Wandels und der Wandlung ist. Wenn ich auf Gott in der Stille meines Herzens vertraue, kann er für mich zu seinem eigenen Zeitpunkt eine befreiende und fröhliche Wende herbeiführen. Mögen wir es tief in unserer Seele spüren, dass unser Leben in Gott immer noch besser werden kann; immer noch bessere Qualität bekommen kann. Dabei dürfen wir die wichtige Rolle Marias in der Heilsgeschichte nicht vergessen. Sie ist und bleibt unsere Fürsprecherin. Vielleicht ist gerade diese Fürsprache die besondere Gnadengabe, die du vom Heiligen Geist Gottes erhalten hast, damit du für andere in bestimmten Lebenssituationen eintreten kannst und sollst. Denn „einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will“. So sagt uns Paulus in der zweiten Lesung. Wer die Gegenwart Gottes erfährt, weiß sich in die Sendung Jesu Christi stellt. Genauso funktioniert das Christsein.

HOCHFEST TAUFE DES HERRN: 2022-01.09

HOCHFEST TAUFE DES HERRN: 2022-01-09

KERNBOTSCHAFT: Jesus lebt in uns durch die Taufgnade. Dies hat Konsequenzen für unser ganzes Leben.

Jesus taucht ein in die Tiefe menschlicher Existenz: Zum Hochfest der Taufe des Herrn, ist es mir ein großes Anliegen, uns daran zu erinnern, wie ungemein wichtig das Bewusstsein unserer Taufe ist. In einer Welt, in der die Gefahr offensichtlich zunimmt, dass Menschen einander das Leid zufügen und dennoch das Sündenbewusstsein regelrecht bagatellisiert wird, steht die zentrale Bedeutung der Taufe Jesu im Mittelpunkt unserer Betrachtung. Da stellt sich Jesus mit dem Empfang der Taufe durch Johannes den Täufer in die Reihe der Sünder und Sünderinnen. Jesus taucht ein in die tiefste Wunde der Menschheit. Im Johannesevangelium lesen wir über die Unbegreiflichkeit der Liebe Gottes, die er uns in Jesus von Nazareth geoffenbart hat. Die Sendung Jesu besteht darin, dass er aus der unendlichen Liebe des Vaters die Sünde der Welt auf sich nimmt (Joh 1,29). Dadurch hat Jesus uns den Weg zu erfüllten Leben gebahnt. Getauft werden, bedeutet, in die Liebesmacht des dreifaltigen Gottes hineingenommen zu werden. Wer getauft wird, wird in die umfassende Weltsendung Jesu Christi initiiert. Bei Jesaja heißt es: „Er bringt den Nationen das Recht. Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Gasse erschallen.“ Das ist alles die bildhafte Beschreibung für den Frieden. Hören wir noch einmal diese Worte der Hoffnung aus der Apostelgeschichte: „Wahrhaftig jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was Recht ist. Er hat das Wort den Israeliten gesandt, indem er den Frieden verkündete durch Jesus Christus: Dieser ist der Herr aller.“

Christinnen und Christen vor der Sehnsucht und Erwartung der Völker: Ganz tief in meinem Herzen ist die Sehnsucht, dass alle Menschen dieser Erde vermehrt zu dem Bewusstsein erwachen mögen, was sie miteinander vereint. Unser Evangelium sagt uns, dass „das Volk voll Erwartung“ war. Es wartete auf eine bessere Zeit, auf eine Wende. Die Erfahrung ist unumstritten: Alle Länder dieser Erde erfahren plötzlich jenseits des gefährlichen Klimawandels die Bedrohung menschlicher Existenz, die alle Grenzen von reich und arm, mächtig und machtlos, Rasse und Religion unaufhaltsam überschreitet. Das Coronavirus hat nicht nur die Sterblichkeit aller Menschen anschaulich gemacht, sondern hat darüber hinaus die sündhaften gesellschaftlichen Strukturen unserer Welt entblößt. Schwestern und Brüder! Diese Erfahrung begründet den Sinn für die Sternsinger-Aktion der katholischen Kirche. Kinder, Jugendliche und Erwachsene nehmen unsere Welt wahr, urteilen über die traurigen Zustände in unserer Welt. Sie handeln als Getaufte im Geiste Jesu Christi, indem sie auf die Straßen der Dörfer und Städte, um den Menschen zu sagen, dass unsere Welt eine gemeinsame ist, und dass sie viel menschlicher sein kann, indem sie etwas zum Schutz der Würde Abermillionen Menschen spenden. Die Sternsinger brennen für die Stimme vom Himmel, indem sie durch ihren Einsatz für eine gute Sache. Sie sagen den hilfsbedürftigen Menschen: „Du bist ein geliebter Mensch – mein Bruder, meine Schwester. An dir hat Gott Wohlgefallen.“ Das ist unsere aller Weltverantwortung aus der Taufe.

CHRISTKÖNIGSSONNTAG (B): 2021-11-21

HOCHFEST CHRISTKÖNIGSSONNTAG (B): 2021-11-21

KERNBOTSCHAFT: Gott ist die Wahrheit und ist in Jesus Christus erschienen, um die Menschen aus der Lüge der Existenz zu befreien.

Unser Lebenslang suchen nach dem Wahren: Weil die heutige Liturgie aus mir unerklärlichem Grund den letzten Vers eines sinnzusammenhängenden Abschnitts aus dem Sinnzusammenhang herausgerissen hat, möchte ich ihn gern aufgreifen: „Was ist Wahrheit?“ So fragte Pilatus. Ich finde, dass er eine Frage stellte, die uns dauernd beschäftigt und beschäftigen sollte. Was ist die Wahrheit? Was ist die Wahrheit mitten in der Meinungsflut der sozialen Medien? Was ist die Wahrheit im Angesicht der Verwirrungen bezüglich der sich widersprechenden Handlungsrichtlinien wegen des Corona-Virus? Was ist die Wahrheit bei vielen Gerüchten im Zusammenleben der Menschen? Wir sollen jedoch unseren Blick auf Jesus richten, damit wir herausfinden, welche Botschaft in seinen Aussagen steckt. Zuerst zieht Jesus eine klare Trennlinie zwischen dem weltlichen Königtum und dem Königtum des Gottesreiches: „Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.“ Jesus macht einmal mehr deutlich, dass das Reich Gottes nichts gemein mit den Gewalttaten unserer Welt zu tun hat. Das Reich Gottes ist der Inbegriff der Befreiung aus allen Formen der >>Elementarmächte<< gegen das Leben der Menschen.

Mutiges Zeugnis für Gottes Anliegen: Der Mut, den Jesus vor Pilatus bewiesen hat, berührt mich sehr tief. Inmitten seiner Auslieferung, die mit seiner Verurteilung zum Tod, steht er grad für die Wahrheit seines Vaters. Ja, er steht grad für Gott, denn diese Wahrheit, die Jesus vertritt, ist Gott selber. Es ist die Wahrheit, die in Jesus ein menschliches Gesicht bekommen hat. Da gibt es einen Spruch, der im Verhalten Jesu aufleuchtet: „Wenn Unrecht zum Recht wird, dann wird Widerstand zur Pflicht.“ Hören wir noch einmal folgende Worte Jesu zu Pilatus: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“ Jesus hatte eine einzige und einzigartige Sendung: für die Wahrheit Zeugnis abzulegen. Ein geistiger Gang durch alle vier Evangelien bestätigt uns, dass Gottes Wahrheit seine unermessliche Liebe zu uns Menschen, die in Jesus Christus greifbar geworden ist. Die Wahrheit Gottes meint immer den konkreten Menschen in seiner Gott gegebenen Würde. Darum warf sich Jesus unentwegt in die Bresche für jeden konkreten Menschen, der durch Krankheit oder Machtmissbrauch unter die Räder gekommen war. Das tut er auch heute noch! Das Königtum Jesu Christi als die Wahrheit Gottes besteht darin, dass er den Menschen nahe ist, um sie aufzurichten. Selig sind die Menschen, die an seinem Königtum teilhaben.

DREIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-11-14

DREIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-11-14

KERNBOTSCHAFT: Dass wir in allen Lebenssituationen die Zeichen der Erlösung in Jesus Christus erkennen.

Trotz aller Signatur menschlich-technologischen Errungenschaften bleibt die Wirklichkeit der Vergänglichkeit unsere größte Herausforderung: Jedes Jahr gegen Ende des kirchlichen Lebenskalenderjahres werden wir zu einer verschärften Achtsamkeit eingeladen. Wir sind mit der Tatsache der Vergänglichkeit konfrontiert. Die gegenwärtige hartnäckige Pandemie lehrt uns in einer anschaulichen Brutalität, wie alles verlierbar ist inklusive unserem Leben. Alle menschlichen Errungenschaften sind zwar staunenswert, aber dürfen uns nicht der Blindheit vor unserer Vergänglichkeit verfallen sein. In der Tat ist es sehr schwer zu sagen, wie viel wir aus der weiteranhaltenden Pandemie gelernt haben. Da warteten schon die meisten Menschen auf die Rückkehr zur Normalität. Jesus hat eine andere Aufgabe für uns: Wir sollen an das kommende Ende denken. Nicht aber die bloße Aufmerksamkeit für die Endlichkeit ist seine Hauptbotschaft. Mitten in diesem Bewusstsein geht es Jesus darum, dass wir unser Leben neu ausrichten, und zwar aus der Perspektive des Kommens des Menschensohnes. Jesu Mahnung war schon im Buch der Psalmen, und zwar im Psalm 90, wo es heißt: „Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz (Vers 12).“ Christliche Kultur der Achtsamkeit liegt allemal jenseits menschlicher Überheblichkeit! Jesu Hauptanliegen ist deshalb sehr unverkennbar: Mitten in allen Erschütterungen und in aller Dunkelheit der gegenwärtigen Weltzeit, richtet euch nach dem, was eine Bleibe hat, was euch Kraft und Hoffnung zu geben vermag: mein Wort.

Trotz Sünde im Raum des Wohlwollens Gottes leben: Fragen wir uns doch einmal, warum uns die von Jesus geforderte Achtsamkeit so schwer fällt. Die Antwort ist nicht schwer zu finden, sie wird jedoch meistens missachtet, verdrängt: die Sünde, die Selbstentfremdung des Menschen vom Ziel seines Lebens – Gott. Gegen diese Sünde brachten die Priester des alten Bundes beständig das gleiche Sühneopfer dar. Die große Freude des Christenmenschen ist aber das Leben Jesu Christi, der ein für alle Mal das rettende Opfer gebracht hat, das einzigartige Opfer seiner Ganzlebenshingabe. „Wo also die Sünden vergeben sind, da gibt es kein Opfer für die Sünden mehr.“ Wenn es in der ersten Lesung aus dem Buch des Propheten Daniel um das Ende und das Endgericht geht, so dürfen wir immer zur Tagesordnung übergehen. Es ist enorm wichtig, dass wir im Zeichen des Endgerichtes leben. Ein solches Bewusstsein hat ungeheuerliche moralisch-ethische Konsequenzen für unser praktisches Leben, wie auch für unsere Weltgestaltung. Darum soll uns nicht die Angst beherrschen, sondern vielmehr das unermessliche Geschenk der Liebe aus der Erlösung durch Jesus Christus. Es steckt so viel Lebensdynamik im Bewusstsein dieses unverdiente Liebesgeschenk!

ZWEIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-11-07

ZWEIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-11-07

Schrift: 1 Kön 17,10-16; Mk 12,38-44

KERNBOTSCHAFT: Mit der Perspektive Gottes rechnen, die eine erfüllende und die Welt verwandelnde Kraft besitzt.

Staunen darüber, wie Gott am Werk ist: Immer wieder lässt uns Gott staunen über seine Wege und Möglichkeiten. „Der kleine Weg“, wie es bei der heiligen Theresa von Lisieux heißt, ist immer schon der Weg Gottes. Gott sieht die „unbedeutenden Dinge und Menschen, die wir üblicherweise nicht sehen. Das Unerwartete gehört zu der Wirkungsweise Gottes. Eine berührende Episode in der Zentralkirche meiner Heimatgemeinde wird mich wohl mein ganzes Leben begleiten: Da kam mein erster Bischof, der mich nach Österreich zur Fortsetzung meines Theologiestudiums geschickt hat, einmal zur Firmung. Nach dem Kommunionempfang steuerte ein an Schizophrenie erkrankter Mann von hinten zum Altarraum und hatte ein Brot in seiner Hand, das er offensichtlich für den Bischof gekauft hatte. Die Kirchenwächter wollten ihn daran hindern. Da sprang der Bischof sofort auf und ging dem Mann entgegen. „Bischof, das ist für dich, ganz allein!“ Sein Chauffeur nahm es ihm ab, und der Bischof wies ihn zugleich an: „Gib es in mein Auto, denn dieses Brot kommt mit mir nach Hause!“ ein Gejohle in der Kirche und der Bischof schmunzelte nur.“ Ein Mann, der kaum zweimal am Tag essen konnte! In unseren zwei Schriftlesungen sind es zwei Frauen – zwei Witwen – deren Lebensunterhalt nichts Nennenswertes war. Sie teilten das Wenige, das sie hatten dennoch! Hier ist die eine Frage, die mich sehr beschäftigt: Wie viel Freiheit muss ein Menschen haben, und, wie viel Gottvertrauen, um so handeln zu können?

Die Durchsichtigkeit und Helligkeit des wahren Lebens: Mir kommt es vor, dass diese zwei Witwen großartige Gestalten der Freiheit sind. Es ist die Freiheit zum Teilen. Ich verstehe die beiden Szenen so, dass wir erst dann Menschen sind, wenn es uns gelingt, zu teilen. Fürderhin bin ich tief davon überzeugt, dass das Teilen das Zusammenleben der Menschen viel leichter macht; dass der Weltfrieden möglich ist durch das Teilen. Beide Witwen widersprechen der Einstellung mancher Menschen, die meinen, dass sie nicht genug haben, um teilen zu können. Kein Mensch hat zu wenig oder zu viel, um zu teilen. Echtes Teilen schenkt Erfüllung, und eine solche Erfüllung wünsche ich jeder und jedem von uns.

ALLERSEELEN: 2021-11.02

ALLERSEELEN 2021-11-02

KERNBOTSCHAFT: Der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi ist das große Plus in unserem Leben als Christen*innen.

Die Geschichte ist der große Ort des dauerhaften Lernens: Der Allerseelentag hat nicht nur eine spirituelle Dimension, wie dies in der Bibel im Buch der Makkabäer (2 Makkabäer 12,43-45) zu finden ist. Die Geschichte erzählt uns, dass gegen Ende des Karolinger-Reiches während des sogenannten „Dunklen Jahrhunderts“ 882–962 das kirchliche Leben moralisch auf einen Tiefpunkt gesunken war und sich schwere Missstände entwickelt hatten. Diese Situation führte in einer Gegenbewegung zu Beginn des Hochmittelalters vor allem die Cluniazensische Reformzu einer gesteigerten Askese und Reinigung von allem Weltlichen innerhalb der Kirche, insbesondere in den Klöstern, mit einer zunehmenden Mystik (am bekanntesten ist die Benediktinerin Hildegard von Bingen). Es sei also im Leben am wichtigsten, sich auf den Tod vorzubereiten und auf das darauf folgende Letzte Gericht, um so das eigene Seelenheil zu gewährleisten. Es entstand die Spiritualität und zugleich die Lebenshaltung des Memento Mori (Sei dir der Sterblichkeit bewusst!). Das katastrophale epidemische Auftreten der Pest in Europa ab Mitte des 14. Jahrhunderts führte erneut zu einer Verstärkung des Memento-Mori-Gedankens. Es gab aber auch andere Form des Gedenkens an die menschliche Sterblichkeit:  Memento mortis („Gedenke des Todes“); Media vita in morte sumus(Mitten im Leben sind wir im Tode) oder Mors certa hora incerta(Der Tod ist gewiss, die Stunde ungewiss). Verglichen mit der gegenwärtigen Todesverdrängung stand bereits um 1900 auf der Rathausuhr in Leipzig der letzterwähnte Spruch: Mors certa hora incerta (Der Tod ist gewiss, die Stunde ungewiss). Die Bibel wusste aber schon der drohenden Sterblichkeit, wie dies im Buch der Psalmen zu lesen ist: „Unsere Tage zu zählen, lehre uns! Dann gewinnen wir ein weises Herz“ (Ps 90,12).

Die christliche Antwort auf die Vergänglichkeit menschlichen Lebens: Schwestern und Brüder, während wir heute im gemeinsamen Gebet aller und unserer Verstorbenen gedenken, sind auch wir selbst voll im Bilde. Denn schon morgen könnten wir zu der Schar der Menschen, die gelebt haben, gehören. Ja, es stimmt, Media vita in morte sumus – Mitten im Leben sind im Tode. Wir sollten uns also mehr um ein achtsames Leben bemühen. Denn wir haben unser Leben nicht in der Tasche! Nicht jedoch die Angst soll uns lahmlegen, sondern wir sollen vielmehr die Gedanken des Guten hegen und das konkrete Gute auch bemüht sein, zu tun. Es gibt aber auch die eigentliche biblische Spiritualität der Vergänglichkeit. Vom Menschen Hiob können wir folgendes lernen: angesichts unerträglichen Lebenssituation wendet er sich an einen Gott, den er nicht mehr versteht; er nennt Gott „Erlöser“. Seine Hoffnung weist über die gegenwärtige Not hinaus. Wieder zeigt uns der Apostel Paulus im Römerbrief, welche Einstellung für unser Leben tragfähig ist: „Nach den Leiden der gegenwärtigen Zeit, nach allen Schmerzen und der Erfahrung der Vergänglichkeit, wird er sich er sich zeigen als ein Gott, der seine Schöpfung nicht im Stick lässt, sondern sie zur Vollendung führt.“ Wir können uns in diesen Glauben einüben.

HOCHFEST ALLERHEILIGEN: 2021-11-01

HOCHFEST ALLERHEILIGEN 2021-11-01

KERNBOTSCHAFT: Der Alltag ist der Ort der Bewährung unserer Heiligkeit.

Aus dem Mund der Kinder: Die Einfälle, die viele Kinder manches Mal haben, können sehr aufschlussreich sein. Auch hinsichtlich des Hochfestes Allerheiligen. Ein kleiner Junge besucht einen Dom mit seiner Mutter und sieht zum ersten Mal alte gotische Glasfenster. Draußen scheint die Sonne und die Fenster leuchten in den schönsten Farben. Die Mutter erklärt ihm, was es da zu sehen gibt: Gestalten aus der Bibel und viele Heilige. Später einmal kommen sie im Religionsunterricht auf die Heiligen zu sprechen. Ob denn jemand wisse, was die Heiligen seien, fragt der Religionslehrer. Sofort meldet sich der kleine Junge: „Ich weiß es! Heilige sind Menschen, durch die die Sonne scheint.“ Brauchen wir denn noch eine hochtrabende theologische Erklärung über die Heiligen? „Heilige sind Menschen, durch die die Sonne scheint“, „Menschen, durch die es heller wird in unserer Welt; die ein wenig mehr Farbe in unser Christsein bringen; Menschen, die das Evangelium so aufleuchten lassen, dass wir selber angesteckt werden.“

Ähnlich sieht es der Schweizer Theologe Hans Urs von Balthasar: „Heilige sind Menschen, die den Schatz des Glaubens ins Kleingeld des Alltags umgemünzt haben. Oder: Die Heiligen sind Antworten von oben auf die Fragen von unten. Heilige sind lebendige Kommentare zum Evangelium.“ Dann bringt Papst Franziskus die Heiligen heim zu uns: „Es gefällt mir, die Heiligkeit im geduldigen Volk Gottes zu sehen: in den Eltern, die ihre Kinder mit so viel Liebe erziehen, in den Männern und Frauen, die arbeiten, um das tägliche Brot nach Hause zu bringen, in den Kranken, in den älteren Ordensfrauen, die weiter lächeln. Oft ist das die Heiligkeit „von nebenan“, derer, die in unserer Nähe wohnen und die ein Widerschein der Gegenwart Gottes sind.“ Ja, es gibt diesen göttlichen Widerschein durch Menschen in unserem Alltag. Menschen, die oft keinen Lärm machen.

Und was ist mit uns selbst? : Im ersten Johannesbrief wird uns gesagt, worin die christliche Heiligkeit besteht: In der Hoffnung auf Jesus Christus. Denn: „Jeder, der diese Hoffnung auf ihn setzt, heiligt sich, so wie er heilig ist“ (1 Joh 3,3). Wie setzen wir aber unsere Hoffnung auf Jesus Christus? Indem wir uns das Bewusstsein bewahren, dass wir zwar in der Welt sind, dennoch nicht von der Welt sind. Die schönen und die hässlichen Dinge dieser Welt können uns den Blick auf Jesus Christus versperren. Der richtige Weg zur individuellen Heiligkeit mitten in dieser Welt wird uns [wieder] im ersten Johannesbrief gesagt: „Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist! Wer die Welt liebt, in dem ist die Liebe des Vaters nicht. Denn alles, was in der Welt ist, die Begierde des Fleisches, die Begierde der Augen und die Prahlen mit dem Besitz, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt. Die Welt vergeht und ihre Begierde; wer den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit“ (1 Joh 2,15-17). Das ist überhaupt keine Weltflucht! Das Leben der Heiligen lädt uns ein zur Selbstüberwindung und Selbstüberschreitung. Der große europäische Denker und Humanist ermahnt uns dazu: „Es hilft dir nichts, wenn du die Heiligen verehrst und ihre Reliquien berührst, aber dich nicht um das Beste kümmerst, das sie hinterlassen haben: das Beispiel ihres Lebens“ (Bh, Okt. 2021).

EINUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021.10.31

EINUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-10-31

KERNBOTSCHAFT: Gott ist die Würze im christlichen Humanismus.

Gott ist kein Etikettenschwindel im christlichen Programm der Welterneuerung: Der Humanismus ohne den Gottesbezug entartet immer wieder in eine selbstbereichernde Ideologie. Die Weltgeschichte, ja, die europäische Geschichte, ist voll von solchen ideologischen „Ismen“. Wir sind Zeugen*innen dafür, wie der falsche Humanismus die Menschenwürde und Menschenrechte missachtet hat. Solche Ideologien haben ans Tageslicht gebracht, wie die Faszination des Bösen aussieht! Die Geschichte ist aber auch voll von unterschiedlichen Missbräuchen des Gottesbezuges. Der religiöse Fundamentalismus ist überhaupt nicht tot! Nicht nur der abgewählte amerikanische Präsident Donald Trump ist ein unübertreffliches demonstratives Beispiel dafür, sondern genauso in der katholischen Kirche unter denen, die Papst Franziskus bekämpfen wegen seiner Erneuerungsideen. In unserem Evangelium führt Jesus aber Gott und den Menschen zusammen: Gottesliebe UND Menschenliebe bilden die Einheit christlichen Lebensideals.Wenn es im Buch Genesis, im Schöpfungsbericht fünfmal heißt „Und Gott sah, es war gut!“, so ist diese Güte Gottes die unversiegbare und herausfordernde Quelle des kirchlichen Lebens wie auch aller gesellschaftlichen Erneuerungsbewegungen. Dieses Gut-Sein der Schöpfung Gottes möchte sich auch in den zwischenmenschlichen Beziehungen widerspiegeln.

Gerettet in die Gott-Mensch-Beziehung hinein: Schwestern und Brüder in Christus! Die Frage des Schriftgelehrten ist auch unsere Frage. Denn, immer wieder beschäftigen uns folgende Fragen: Was ist das Wichtigste im Leben? Worauf und auf wen soll ich hören? Was hat Priorität in meinem Leben? Wie bleiben wir durch den Tag hindurch mit Gott verbunden? Gern teile ich meine tiefste Überzeugung mit euch: Mitten im Stimmengewirr unserer Zeit, in der Meinungsmache der Sozialen Medien, im Getöse werbender Konsumriesen und in den unübersichtlichen Sinnangeboten verschiedener Esoterik-Praktiken verlieren viele Menschen leicht Lebensorientierung. Für uns Christen*innen heißt es deshalb: Stets auf Jesus hören! Er hat vom himmlischen Vater Kunde gebracht, und diese Kunde ist sehr ermutigend: „Damit die Menschen das Leben haben, und es in seiner Füllen haben“ (Joh 10,10). Darum ist das Hören das erste und höchste Gebot und Gebet für Israel: „Schema Israel!“ – „Höre Israel!“ Was wir von Jesus hören, ist, dass er uns in eine heilende Beziehung hineingerettet hat; in die Beziehung mit Gott und mit den Mitmenschen. Wir können uns immer mehr darum bemühen. Gott gibt die Kraft dazu.

NATIONALFEIERTAG: 2021-10-26

NATIONALFEIERTAG 2021-10-26

KERNBOTSCHAFT: Nachdenken über das Wesen des Staates aus dem Glauben.

Aufruf zum Gebet fürs Land Österreich: Jedes Jahr zum Nationalfeiertag ruft uns die Kirche dazu auf, für das Land zu beten; für das gesamte Volk und für die Regierungsverantwortlichen. Vielleicht fragen sich manche Menschen, wozu beten, es genügte ja schon, vernünftig zu handeln. Stimmt es aber, dass die Vernunft genügt? Wessen Vernunft mitten in einer Parteienlandschaft? Wessen Vernunft in einem pluralistischer gewordenen Österreich? Wo bleibt da die reine Vernunft mitten in allen Spannungen, die es gibt? Immer wenn ich am „Heldenplatz“ bin lese ich sehr nachdenklich die Inschrift am Haupttor „Justitia est fundamentum regnorum“ – Die Gerechtigkeit ist das Fundament der Regierung“. Das ist das eigentliche Geschäft einer jedweden Regierung. Wie schaut es aber mit der Umsetzung der Gerechtigkeit aus? Rudolf Taschner im Jahr 2011 ein Buch mit einem zynischen Titel herausgegeben, „Gerechtigkeit siegt, aber nur im Film“. Wo bleibt denn da die alleinige Selbstwirksamkeit der Vernunft? Es muss etwas Zusätzliches dazu kommen!

„Unruhig liegt der Kopf, der die Krone trägt.“: Die Verantwortung einer Regierung ist enorm, ja, sogar unübersichtlich. Es steckt deshalb sehr viel in diesem Weisheitsspruch: „Unruhig liegt der Kopf, der die Krone trägt.“ Eine gute Regierung braucht die Weisheit des Herzens, braucht ein gutes Gewissen. Eine gute Regierung braucht unbedingt eine zivilgesellschaftliche Mitverantwortung, damit die Gerechtigkeit zu einem Gemeinwohlgut werden kann. Für die Kirche gehört aber das Gebet zu dieser wünschenswerten zivilgesellschaftlichen Mitverantwortung. Ja, wir haben das Recht, die Missstände in der Politik zu kritisieren, denn was immer in der Politik geschieht, belangt auch uns an. Wir können es uns jedoch nicht erlauben, nur ein Jammerhaufen, bescheren uns immer nur über das, was uns nicht passt. Wir tragen auch eine Eigenverantwortung. Wir sollen für die Hauptverantwortung in der Politik beten – ja, bewusst beten, weil die politische Lenkung nicht immer leicht ist, ja, die politischen Verantwortung kann eine große Bürde sein. Unsere Gebete wollen sich aber auch wie ein Sauerteig im Evangelium ausbreiten, bis sie uns verwandeln und wir unsere Gesellschaft durchsäuern.

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