ERSTER FASTENSONNTAG (B): 21.02.2021

ERSTER FASTENSONNTAG (B): 2021-02-21

KERNBOTSCHAFT: Die größte Versuchung für den Menschen ist es, ohne Gottes Hilfe das Leben bestreiten zu wollen.

An unseren Versuchungen reifen und Gott näher kommen: „In jener Zeit trieb der Geist Jesus in die Wüste.“ Es ist die Zeit der Prüfung. Diese Formulierung kehrt wieder das alte Denkschema in der christlichen Frömmigkeit hervor: Gott führt uns in die Versuchung; Gott straft uns. Die gesunde christliche Lehre bedeutet aber, dass die Versuchung Teil des Lebens im Heiligen Geist ist. („Gott führt niemand in Versuchung Jak 1,13). Die Versuchung ist dennoch eine unausweichliche geistliche Erfahrung. Vom Heiligen Geist >>geführt<<, heißt, dass wir unsere Wüste und unsere Prüfungen haben, aber nicht wählen. Gott führt uns durch unsere Versuchungen hindurch. Unsere Fastenvorsätze, so wichtig sie auch sein mögen, sind nicht unbedingt die Punkte, an denen Gott tatsächlich an uns arbeiten wird. Unsere Frömmigkeit ist leider oft mit einer verzerrten Gottesvorstellung gekoppelt. „Die Versuchung ist eine neue Erfahrung, die kommt, um die zuvor empfangene Gnade zu verifizieren und zu prüfen. Wenn man tiefer in das Leben mit Gott eintritt, macht uns das anfälliger für Angriffe des Bösen.“ Wir sind aber nie ohne Gottes Hilfe! Vielleicht könnte es ein wunderbarer Fastenvorsatz sein, eigene Gottesvorstellungen zu überprüfen.

Wo das Gleichgewicht der Natur gestört ist, dort ist die Sünde am Werk: „Er lebte bei den wilden Tieren, und die Engel dienten ihm.” Dieses Bild ist stark. In ihm klingt so etwas wie Geborgenheit durch. Aus diesem Vers geht eine bemerkenswerte und wünschenswerte Harmonie hervor, die etwas Paradiesisches an sich hat. Ähnlich in der ersten Lesung. Die Natur, die die Menschen durch Hab- und Profitgier zerstören, ist der Erscheinungsort der Güte Gottes. Die wilden Tiere sind deswegen nicht verschwunden. Wie es in allen Kulturen Mythen gibt, die für Generationen existenzielle Wahrheiten beinhalten, so auch diese jüdisch-christliche Bibelerzählung von Gottes Rettung seiner Schöpfung durch Noah. Das Bild der Arche mutet an. Gott kann und will seine Schöpfung vor dem Wahnsinn der Sünde des Menschen retten. Der bedrohliche Klimawandel ist Frucht menschlicher Sünde. Dennoch lässt Gott Menschen entstehen, die sich für die rettende Harmonie zwischen Mensch und Natur engagieren. Diese Harmonie ist auch ein Appell an uns zur Sanftmut. Sanftmut ist keine Weichheit, sondern eine Überwindung unserer Härten, unseres Dünkels. Harmonie hat daher eine zwischenmenschliche Dimension wie auch eine Umweltdimension. Hier trifft der Aufruf Jesu zur Umkehr voll ins Schwarze: „Das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ Immer wenn der Mensch sich von der Schöpfungsordnung entfremdet, vermehrt sich das Leid der Welt – von Mensch, Tier- und Pflanzenwelt. Die Überwindung menschlicher Versuchung, die grundsätzlich im Hochmut liegt, ist die Frucht der Gnade Gottes. Die Fastenzeit ist daher eine hervorragend geeignete Zeit zur Stärkung in der Gnade Gottes. Die Fastenzeit ist eine Zeit der Umkehr.

ASCHERMITTWOCH (B): 2021-02-17

ASCHERMITTWOCH (B): 2021-02-17

Schrift: Joel 2,12-18; 2 Kor 5,20-6,2; Mt. 6,1-6.16-18

Die einzigartige Offenbarung der Corona-Pandemie: Eine Umfrage über das Unwort des Jahres könnte leicht ausfallen: Corona. Ich persönlich mag das Wort überhaupt nicht mehr hören! Es macht mich müde und wütend! Ich kann es jedoch nicht ändern. Du auch nicht. Nichtsdestotrotz, offenbart es uns etwas Wesentliches, was uns eine gute Orientierung in dieser Fastenzeit sein könnte. Herzzerreißend sah und erlebte ich im Fernsehen, wie durch eine durchsichtige Plastik eine Tochter, ihr Kind und ihr Mann versuchten, die Großeltern zu umarmen und zu küssen. Vielleicht scheint euch dieses Tun als bizarr. Für mich war es allerdings eine reine Offenbarung. Es zeigte sich, worin die größte und stärkste Sehnsucht aller Menschen dieser besteht: im Verlangen nach Zärtlichkeit, nach Liebe. Anders gesagt, im Verlangen nach Zugehörigkeit. Macht uns doch diese Pandemie überdeutlich, dass alles – buchstäblich alles – verlierbar ist. Auch Menschen sind verlierbar – durch den Tod nämlich. Was nicht verlierbar ist, das ist die Liebe, denn Gott ist die Liebe. Auch wenn wir wissen und erleben, dass und wie die Liebe unter uns Menschen verlierbar ist, vermindert dieser Verlust die Erhabenheit der Liebe nicht. Gott ist die Liebe!

Fasten lernen: Echtes Fasten ist Selbsttranszendenz; eine Selbstüberschreitung, ein Verzicht auf Nabelschau. Darum sind die aufrüttelnden Worte des Propheten Joel für unsere Haltung in dieser Fastenzeit so wichtig: „Zerreißt eure Herzen, nicht eure Kleider, und kehrt um zum HERRN, eurem Gott!“ Ja, um das Herz geht es allemal in der Fastenzeit. Das Kleid steht für Äußerlichkeiten, auch wenn es die wichtige Funktion des Schutzes hat. Anders sieht es Jesus im Evangelium nicht. Die Überbetonung der Äußerlichkeiten ist nicht förderlich für unser spirituelles Wachstum. Äußerlichkeiten, mit denen wir uns angestrengt beschäftigen, können zum Herzstillstand unserer Gottesbeziehung führen. Die Fastenzeit ist das kirchliche Angebot an uns, die Innenansicht unseres Lebens zu kultivieren. Jesus wusste, dass die Eitelkeit vor den Türen der Frommen keinen Halt macht. In der Tat, wie viele Menschen in den vielen christlich-katholischen Gemeinden machen aus ihrem Engagement einen Rechtsanspruch, ein Sonderprivileg. Ja, es gibt eine kirchengemeindliche Arroganz, die der Verkündigung der Frohbotschaft im Wege steht. Darum finde ich folgende Worte des Apostels Paulus als eine wunderbare Grundorientierung in dieser Fastenzeit: „Als Mitarbeiter Gottes ermahnen wir euch, dass ihr seine Gnade nicht vergebens empfangt. […] Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“ Diese Versöhnung hat allerdings mit einem Bewusstsein der Sünde zu tun. Leben wir aber nicht in einer sündenlosen Gesellschaft? Wovon wollen wir denn, dass wir erlöst werden?

SECHSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-02-14

SECHSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-02-14

KERNBOTSCHAFT: Jede existenzielle Krise ist der Ort, an dem sich die tiefste Sehnsucht des Menschen nach Zugehörigkeit offenbart.

„Wenn du willst, kannst du mich rein machen“: In diesem kurzen Satz steckt ein ganzes erdrückendes Elend und zugleich eine unbändige Sehnsucht. >>Jede Krise ist eine Chance<<, so sagt man. Welche Chance? Eine Krise kann die dunklen Seiten des Menschen hervorbringen. Das hatten die Menschen in Europa bereits im Jahr 1349 in Straßburg erlebt, und ausgerechnet am Gedenktag der Liebenden. Das war der >>Valentinsmassaker<<. Es wurden mehr als 2.000 jüdische Bürger*innen als Sündenböcke für die Pest getötet. Bruno Kreisky bleibt unvergesslich in seiner Ermahnung: „Herr Journalist, lernen Sie Geschichte!“ Auch in unseren Tagen lassen sich Menschen zum Hass auf andere Menschen, zumal auf Minderheiten, anstacheln. Die Krise kann das Dunkle und das Helle in uns Menschen offenlegen. Die Verantwortung liegt allemal bei uns, was wir zum Vorschein bringen wollen. Diese Corona-Krise hat es uns überdeutlich gezeigt: Es gab Rücksichtslosigkeit, aber auch berührende Solidarität. Die Politik überbetonte auf einmal nicht das Wohlergehen der Wirtschaft, so wichtig auch die Wirtschaft ist, sondern den Schutz von Menschenleben. Die größte Herausforderung in jeder Lebenskrise bleibt daher der Blick auf das Helle der Menschlichkeit.

Der unerträgliche Schmerz der Ausgrenzung: Wir können nur den Leidensdruck des Aussätzigen im Evangelium besser verstehen, wenn wir seine existenzielle Situation in Verbindung mit den gesellschaftlichen Gepflogenheiten seiner Zeit bringen. Die hat uns aber die erste Lesung aus dem Buch Levitikus – dem Buch der Priester – dramatisch geschildert. Es war nicht nur eine Verachtung, sondern zugleich eine Ausgrenzung zum Sterben in der Einsamkeit. Wenn es eine Provokation wäre, so sollte es sein, aber aus meiner Sicht ist jede Ausgrenzung ein Todesurteil. So hat Jesus dem Aussätzigen, den er heilte, das Leben neu zugesprochen: „Du sollst leben!“ Das ist die Definition der Liebe nach Martin Buber, dem weltberühmten jüdischen Philosophen: >>Einen Menschen lieben, heißt, ihm sagen, „DU sollst nicht sterben!“ <<. Als ich über diese Heilungsgeschichte nachdachte, kamen mir viele erschütternde Bilder und Erzählungen in den Sinn, wo Menschen in einer durch die Corona-Erkrankung bedingte Einsamkeit der Intensivstationen haben sterben müssen. Manches Mal nur in der Gegenwart Krankenschwestern und Ärzten*innen. Ein berührender Wendepunkt in dieser Heilungsgeschichte ist, dass der Geheilte zum Verkünder der Frohen Botschaft geworden ist. Darin erkenne ich den tieferen Sinn der ermutigenden Worte des Apostels Paulus: „Ob ihr esst oder trinkt oder etwas anderes tut: Tut alles zur Verherrlichung Gottes!“ Deshalb sollten wir uns schon immer fragen, ob unser Denken, Reden oder Handeln zur Verherrlichung Gottes beiträgt.

FÜNFTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-02-07

FÜNFTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-02-07

KERNBOTSCHAFT: Jesus Christus ist der von Gott angestiftete Grund zur Hoffnung. Seine Gegenwart schenkt Heilung und Heil.

Der Glaube an Gott schützt uns nicht vor den Anfechtungen des Lebens: Gottesprognose ist Gift für einen Glauben, der lebendig sein möchte. Oft hört man aus den Munden vieler evangelikalen Pastoren solche Aussagen, wie: „Ich deklariere, dass Gott für dich…“ „Ich bestimme, dass Gott dir alle deine Wünsche erfüllen wird.“ Wer darf denn so zu dem Menschen Ijob sprechen? Er ist ja ein Musterbeispiel für einen Menschen mit einem tiefen Glauben an Gott, der sich trotzdem einer quälenden Hoffnungslosigkeit ausgesetzt sieht. Sein Leid ist unermesslich. Er flucht und verflucht sogar den Tag seiner Geburt. Seine Worte lassen uns erahnen, wie es unzähligen Menschen in unserer Welt geht – vielleicht sogar in unserer unmittelbaren Umgebung. „Ist nicht Kriegsdienst des Menschen Leben auf der Erde? Sind nicht seine Tage die eines Tagelöhners? […] So wurden Monde voll Enttäuschung mein Erbe und Nächte voller Mühsal teilte man mir zu. Lege ich mich nieder, sage ich: Wann darf ich aufstehen? Wird es Abend, bin ich gesättigt mit Unrast, bis es dämmert.“ Ijob, das sind Menschen wie wir.

Vertrauen auf die heilende Kraft der frohen Botschaft: Ein entzückendes Mädchen und ihr Vater haben mich tief berührt und das Lied, das sie gemeinsam gesungen haben, ist für mich zu einer unbändigen spirituellen Kraft geworden. „There is peace in Jesus. There is peace in Christ. When there is no peace on earth, there is peace in Christ”; “Es gibt Frieden in Jesus. Es gibt Frieden in Christus. Wenn es auf Erden keinen Frieden gibt, es gibt Frieden in Christus.“ Ich empfehle euch gern dieses Lied auf >>You Tube<<. Das war die tiefste Überzeugung des Apostels Paulus als er sich mit folgenden Worten an seine Gemeinde von Korinth wandte: „Wenn ich das Evangelium verkünde, gebührt mir deswegen kein Ruhm; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ Warum eigentlich ein >>Zwang<<? Das ist keine psychologische Sprachkategorie. Paulus wollte seiner Gemeinde – und möchte uns Heutigen – zeigen, wie er nach der Verkündigung der frohmachenden und befreienden Botschaft brannte. Wovon sein Herz voll war, davon wollte sein Mund unbedingt unablässig sprechen. Im Evangelium führt uns Jesus selber vor Augen, was in Paulus die >>heilige Unruhe<< gestiftet hat. Seine Gegenwart war gleich Heilung und Ermutigung. Er stiftet eine heilende Nähe und richtet die Schwiegermutter des Simon Petrus auf. Er heilt Menschen mit verschiedenen Krankheiten und Besessenheit und ermöglicht ihnen dadurch eine neue Freiheit zum Handeln. Gleichzeitig entzieht er sich dem Zugriff der Menschen, denn er weiß, wie wichtig es ist, in inniger Verbindung mit seinem Ursprung zu bleiben. Er weiß, wie unverzichtbar die persönliche Gemeinschaft mit seinem Vater ist. Diese Quelle will er nicht verlieren. Er zeigt uns, wie es bei allem, was wir tun, gehen soll: immer wieder zurück zur Quelle.

DRITTER ADVENTSSONNTAG: 13.12.2020

DRITTER ADVENTSSONNTAG (B): 2020-12-13

KERNBOTSCHAFT: Nachhaltige Lebensfreude hängt damit eng zusammen, dass wir wissen, worin unsere eigentliche Identität besteht und wofür wir im Leben stehen.

Für die Freude gemacht und zur Freude berufen: „Gaudete!“ – „Freut euch!“ So rief der Apostel Paulus seiner Gemeinde von Thessaloniki zu. So wird uns, die wir heute zu dieser Eucharistiefeier zum dritten Adventssonntag versammelt sind, zugerufen. „Freut euch!“, ist das nicht ein Leichtsinn besonders in dieser Zeit, in der jeder Mensch ungewollt wegen des Corona-Virus zu einem Symptomträger eines möglichen Todes geworden ist? Zu einem ungewollten Feind? Eine Zeit, in der eine allgemeine depressive Stimmung in der Luft liegt und viele Menschen aufgrund der Bewegungseinschränkung tatsächlich depressiv geworden sind? Selbst ohne Corona! „Freut euch!“, ein Ruf in eine Welt hinein, „die noch auf ihren Erlöser wartet, in der Kriege [nach wie vor] geführt werden, Kinder verhungern [müssen], Reiche reicher und Arme ärmer werden und Menschen unter Einsamkeit, Krankheit leiden [und sterben]“ (TD, Dez. 2020). „Gaudete!“ – „Freut euch!“, diese Freude hat zur Voraussetzung, dass wir bewusst lernen, uns „von Dingen und Menschen zu lösen, die uns besetzen, sich lösen von alldem, was uns mit Sorgen und Wünschen in Beschlag nimmt und [folglich] dieser Freude keinen Raum gibt“ (TD, Dez. 2020).

Die Quelle christlicher Freude: „Freut euch!“, das muss keine negative Freude sein, in dem Sinn, dass wir wissen, was wir nicht tun dürfen oder sollen. Nein! Christliche Freude ist durchströmt von einer positiven Grundstimmung. Einen Eckpfeiler dieser Freude sagt uns der Prophet Jesaja in unserer ersten Lesung: es geht um den uns innewohnenden Geist Gottes, der sich auf unsere Welt auswirkt. „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir.“ Ein Mensch der Freude lebt aus dem vollen Selbstbewusstsein, dass Gott ihn in Verwendung nimmt zum Heil und für die Heilung der Welt: „…er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit…so lässt GOTT, der Herr, Gerechtigkeit sprießen und Ruhm vor allen Nationen.“ Der Apostel Paulus untermauert dieses Bewusstsein mit einem daraus folgenden Auftrag: „Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles und behaltet das Gute! Meidet das Böse in jeder Gestalt!“ Hierin finde ich die Gestalt des Täufers nicht nur hochinteressant, sondern hochaktuell und herausfordernd. Er wird von den Menschen dazu herausgefordert, seine persönliche Identität kundzutun. „Wer bist du?“ Seine negative Selbstbestimmung unter der Abgrenzung von Jesus befriedigt sie nicht. Sie lassen ihn deshalb nicht in Ruhe und verschärfen ihre Frage: „Was sagst du über dich selbst?“ Nun definiert er sich in der Beziehung zu Jesus: „Ich bin die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!“ Die Menschen wollen wissen, für wen er geht und Johannes sagt es ihnen. Es brennt Johannes unter den Nägeln, dass seine Zuhörer diesen Jesus einmal persönlich kennenlernen. „Mitten unter euch steht einer, den ihr nicht kennt, der nach mir kommt.“ Die Mitte der Identität des Johannes besteht darin, Jesus bekannt zu machen. Ob das auch nicht die wahre christliche Identität ist? Ob dieses Ansinnen nicht der Quellgrund christlicher Freude ist?

HOCHFEST MARIENEMPFÄNGNIS (B): 2020-12-08

HOCHFEST DER OHNE ERBSÜNDE EMPFANGENEN JUNGFRAU MARIA: 2020-12-08

Schriftlesungen: Gen 3,9-15.20; Eph 1,3-6.11.-12; Lk 1,26-38

KERNBOTSCHAFT: Nur in der dreidimensionalen Begegnung gelingt das Leben des Menschen.

Schauen wir dorthin, wo es uns Menschen wohl ist und zugleich wo wir seelischen Verwundungen ausgesetzt sind: Für mich ist heute angesichts der hochtrabenden theologischen Sprache des heutigen Hochfestes, das Papst Pius IX im Jahr 1854 als Dogma verkündet hat, ein Tag des Gefühls und des Erlebens. Ich beschränke mich darum ausschließlich auf das heutige Evangelium. Um welche Gefühle und Erlebnisse geht es in diesem Evangelium? Es findet eine außergewöhnliche Begegnung statt: Himmel und Erde begegnen sich. Gott kommt einem Menschen durch seinen Boten entgegen. Ja, Gott verbündet sich mit einem Menschen – widererwarten, sogar gegen seine Zukunftspläne. Gott wird zu seinem neuen Projekt – für die Menschheit. Gott traut einem Menschen etwas zu – ich nenne dieses >>Etwas<< eine Zumutung der Liebe. „Du bist die Begnadete“, das will heißen, Gott schenkt Maria die Fülle seiner Liebe derart, dass sie in ihr Gestalt annimmt und selber weiter Liebe, Wärme und fröhlichen Glanz ausstrahlt. Es vollzieht sich die schönste Form der Begegnung. Die Liebe besitzt die Kraft der Verwandlung, der Verzauberung. Die Erfahrung ist keinem und keiner von uns fremd: der Zauber echter Liebe kann Menschen ihre scheinbare Selbstsicherheit nehmen. Nicht anders bei Maria: „Sie erschrak über die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.“ Wo aber Gefühl und Erleben zusammenkommen, da geschieht die Selbsttranszendenz, die Selbstüberschreitung. Das ist aber eine erfüllende Art der Begegnung mit Gott. Alle Erklärungen erreichen immer noch nicht Maria! „Wie soll [denn] das Geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ Eines hat immer noch die verwirrte Maria – das Mädchen vom Dorf – nicht begriffen: Gottes Liebe widerspricht nicht der natürlichen Ordnung; sie übersteigt alle Naturgesetze, nimmt sie in sich auf und vollendet sie. Darum kann, wem Gott wirklich begegnet, konkrete Liebe in die Welt hineintragen.

Von sich loslassen und mehr auf Gott bauen: Wir wissen es: dieses Hochfest war, ist und bleibt ein sehr großes Streitthema, selbst in der katholischen Kirche. Das nehme ich dennoch persönlich für meinen Glauben, denn Gott und der Glaube an ihn wollen ganz persönlich genommen werden: Ich werde nicht aufhören, Gott zu suchen, auf Gott zu warten, und zwar in seinen eigenen Möglichkeiten für mich. Zweitens: Gott selber möge meinem Suchen und Planen zuvorkommen. ER möge mit mir stets eine neue Geschichte schreiben. Drittens: Mein Gottvertrauen möge beständig wachsen, so, dass ich in allen Lebenssituationen sagen kann: „Denn für Gott ist nichts unmöglich.“ Gott möge mir aber auch immer wieder solche Lebenszeichen geben, damit ich immer mehr erkenne, dass für ihn nichts unmöglich ist. Viertens, und schließlich: Mein persönliches Gottvertrauen möge eine frohe und ermutigende Botschaft sein für andere; eine glaubwürdige Einladung. Das alles sagt mir Gott durch Maria.

ZWEITER ADVENTSSONNTAG (B): 2020-12-06

ZWEITER ADVENTSSONNTAG 2020-12-06

Bibelstellen: Jes 40,1-5.9-11; 2 Petr 3,8-14; Mk 1,1-8

Auf der Suche nach einem alternativen Lebensentwurf: „Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.“ Wer braucht Umkehr? Wie geschieht Umkehr? Jede wahre Umkehr beginnt mit einer Sehnsucht, einer Sehnsucht nach Ganz-sein, nach unserem besseren Selbst, eine Sehnsucht nach der eigentlichen Wahrheit unseres Lebens; nach der Wahrheit unserer Welt. Die Wahrheit und das Böse vertragen sich aber nicht. Das Böse findet in der Lüge seinen Verbündeten. Es braucht immer seine Handlanger. Es sucht seine freiwilligen >>Opfer<< und findet sie auch. Ich weiß aber auch, wovor es sich fürchtet: vor der Wahrheit und dem Geistreichtum. Beide führen zu seiner Selbstauflösung, zu seiner Selbstzerstörung. Wenn das Böse sich zu einem System gebildet hat, muss es, um es besiegen zu können, zu einem Kontrast kommen, es muss zu einer Ausbildung der Struktur der Wahrheit und des Geistesreichtums kommen. Das Böse ist nämlich die Lüge der falschen Macht, des falschen Lichtes und der falschen Faszination. Das System der Lüge, das Böse entlarvt sich immer in der Konfrontation mit der Wahrheit. „Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!“ Johannes der Täufer spricht das Thema >>Umkehr<< an. Das Wort Gottes, letztendlich Jesus Christus, ist die Quelle der Wahrheit. Umkehr tut uns allemal not, aber ist zugleich gefährlich. Ja, die Wahrheit ist gefährlich – für den Menschen, der sie liebt und lebt, wie auch für den andern, der mit ihr konfrontiert wird. Denken wir etwa an den Erzbischof von San Salvador in El Salvador, Oscar Romero in den Umständen seiner Ermordung am Altar Gottes. Er stand anfänglich nicht auf der Seite der Armen und Ausgebeuteten. Die Wahrheit Jesu Christi erwischte ihn jedoch und er starb im Dienst der Gerechtigkeit. Wie tiefsinnig ist doch dieses Bild: am Altar und im Dienst der Wahrheit ermordet! Wer an diesem heiligen Ort steht, wird von der Wahrheit in Anspruch genommen und setzt sich jedoch zugleich dem Bösen, der Weltenlüge aus. Wir brauchen nichtsdestotrotz nicht ängstlich zu sein. Denn der Herr ist unsere Kraft und ist immer im Kommen.

Auf die Ankunft des Herrn warten – was heißt es? : Es heißt, sich zu öffnen – ohne Vorbehalte. Es heißt, sich mit dem Wort Gottes in seiner erneuernden Kraft bewusst auseinanderzusetzen, und dabei Jesus, den Freund unserer Seele zu fragen: Was willst DU von mir? Es ist ernst um den Advent, aber eine Ernsthaftigkeit, die zu Freiheit und Freude – zur Erfüllung – führt.

ERSTER ADVENTSSONNTAG (B): 2020-11-29

ERSTER ADVENTSONNTAG (B): 2020-11-29

KERNBOTSCHAFT: In allen Widerwärtigkeiten im Leben richten wir unseren Blick auf den Gott der Hoffnung.

In das Leben eingeweiht: Der Anfang unseres heutigen Evangeliums ist die Bewunderung des Tempelwerkes durch einen der Jesu Jünger. Jesus aber lenkt seinen Blick weg von Äußerlichkeiten und Vergänglichkeiten. Wer der Parousia (dem endgültigen Kommen Jesu Christi) entgegengeht, hat nichts mehr gemein mit Äußerlichkeiten. Ein solcher Mensch hält Ausschau nach dem Bleibenden. Dazu gehört aber eine erhöhte Aufmerksamkeit. Mitten in allen Erschütterungen und Schreckensszenarien, die den Menschen zusetzen, wartet Jesus mit einer einzigartigen Botschaft auf, die es vermag, echter Trost zu sein. Seine Worte der Hoffnung gelten auch uns Heutigen: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen“ (Mk 13,31). Allein was von uns verlangt wird, ist die Wachsamkeit: „Gebt Acht und bleibt wach! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist“ (Mk 13,33). Wachsamkeit ist Achtsamkeit. Deshalb verwendet Jesus das Bild eines Türhüters. Wenn wir das Weihnachtsfest für das, was es ist (die Geburt Gottes in die irdische Wirklichkeit hinein wie auch in unserer Seele) begehen wollen, müssen wir gute Türhüter*innen zu unseren Seelen sein. Alles darf nicht einfach rein. Da müssen wir wach sein für Situationen der Ungerechtigkeit, für Menschen, die benachteiligt werden, denen man ihre Rechte vorenthält. Da müssen wir wach sein für Leid, für zugefügte Verletzungen, die es zu verbinden und zu heilen gilt. Wach für Unwahrheiten, die es aufzudecken gibt. Die Tür zu unserer Seele zu hüten, heißt aber auch, dass wir die große Versuchung zu überwinden trachten, nach Außen stets eine weiße Weste tragen müssen zu meinen.

Es heißt, in allem auf die Treue Gottes zu bauen: Schwestern und Brüder! Wir hörten aus den Lesungen, worauf es im unserem Glauben, zumal im Advent, wirklich ankommt: auf die Besinnung auf die Treue Gottes. Das Volk aus dem Babylonischen Exil hat sich auf sein individuelles und gemeinsames Leben besonnen und ein kollektives Schuldbekenntnis abgelegt. Ihr gemeinsames Bußgebet und ihre gemeinsame Hoffnung waren ihre Kollektiverinnerung an die unverbrüchliche Liebe Gottes. Beten bedeutete für sie, Gott an seine Liebestaten zu erinnern: „Du, HERR, bist unser Vater, >>Unser Erlöser von jeher<< ist dein Name. ... Seit Urzeiten hat man nicht vernommen, hat man nicht gehört; kein Auge hat je einen Gott außer dir gesehen, der an dem handelt, der auf ihn harrt. Du kamst dem entgegen, der freudig Gerechtigkeit übt, denen, die auf deinen Wegen an dich denken.“ Ähnlich spricht der Apostel Paulus gegenüber seiner Gemeinde von Korinth. Er erinnert sie an die Ursprünge, an die Treue Gottes. In einer solchen Erinnerung liegt eine gewaltige Erneuerungskraft: „Ich danke meinem Gott jederzeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch in Christus Jesus geschenkt wurde…Treu ist Gott, durch den ihr berufen worden seid zur Gemeinschaft mit seinem Sohn Jesus Christus unserem Herrn.“ Die Erinnerung an das, was früher war, der Gedanke an die Anfänge, kann ein spirituelles Bollwerk gegen die Verzweiflung sein. Aus Schmerz kann eine gute Wachstumsmöglichkeit werden. Jesus sagt uns, dass die Hoffnung Gottes ureigene letzte Option ist, nicht die Verzweiflung.

CHRISTKÖNIGSSONNTAG: 2020-11-22

CHRISTKÖNIGSSONNTAG (A): 2020-11-22

KERNBOTSCHAFT: Er, der im Anfang bei Gott war, wird unsere Lebensvollendung in der Gerechtigkeit seiner Liebe sein.

Jesus der Pantokrator: In der byzantinischen Kunst ist die Darstellung des thronenden Christus besonders beliebt und bildet die Grundausrichtung der orthodoxen Theologie, der Theologie der Herrlichkeit Gottes. Jesus ist der Pantokrator. Diese bildhafte Spiritualität ist auch in der Ikonenmalerei sehr beliebt. Im ersten Kapitel, Vers 8, der Offenbarung des Johannes ist Pantokrator der höchste Ehrentitel für Gott, aber auch für den auferstandenen Christus. Wir lesen dort: „Ich bin das Alpha und das Omega, spricht Gott, der Herr, der ist und der war und der kommt, der Herrscher über die ganze Schöpfung.“ Das ist der biblische Hintergrund unseres heutigen Hochfestes. Es fällt auf, dass bei der chronologischen Einteilung der Hauptakzent auf die Gegenwart liegt: >>der ist<<. Was bedeutet das für unseren Glauben und für unser Leben? Auch wenn wir in unserem Glaubensbekenntnis sagen „Er wird kommen, zu richten die Lebenden und die Toten“, so sollen wir verstehen, dass Gott eine ewige Gegenwart ist. An Gott zu glauben, heißt deshalb in Gott zu sein und sich in Gott zu bewegen. Was heißt das aber wirklich, in Gott zu sein und sich in Gott zu bewegen?

Gott im täglichen Leben ernst zu nehmen: Wenn ich an Gott wirklich glaube, dann heißt es, dass der Gott dieses Universums und der Gott Jesu Christi ein Gott und Freund des Lebens ist. Ich soll in die Erkenntnis hineinwachsen, dass es nicht seinem Wesen und seinem Heilswillen entspricht, wenn der Mensch in seiner Elend vergessen wird. Darum ging Jesus unverwandt und unermüdlich dem Verlorenen nach. Jesus hat gezeigt, dass jeder Mensch ein Auftrag Gottes ist. Gerade unsere Wahrnehmung oder Missachtung dieses Auftrags gehört zu unseren Letzten Lebenswirklichkeiten. Die Lehre der Kirche nennt diese „Letzten Lebenswirklichkeiten“ die „Letzten Dinge“: Tod, Gericht, Himmel und Hölle. Im Angesicht unserer unausweichlichen Endlichkeit und Sterblichkeit darf es uns nicht gleichgültig sein, wie wir unser Leben hienieden führen und gestalten. Es darf uns nicht Wurst sein, ob wir mit und in Jesus Christus leben oder nicht. Wie aber leben wir in und mit Christus? Wir leben am besten in und mit ihm, wenn wir in unseren geschundenen Mitmenschen ihn selbst wieder erkennen. Wenn wir ihnen Wärme, Achtung und Zuwendung schenken. Der Tod und das Endgericht wandern mit uns auf allen Straßen des Lebens! Ich teile mit euch, wie es mir persönlich geht bei diesem Gedanken des Pantokrators: Oft komme ich von der Faszination des ursprünglich und eigentlich Christlichen einfach nicht weiter. Wir haben als Christen*innen eine wunderschöne Verantwortung: die universale Brüderlichkeit oder Geschwisterlichkeit. Warum will denn diese universale Geschwisterlichkeit nicht so richtig gelingen? Es gibt jedoch zugleich eine ernstzunehmende Warnung: „Geh weg von mir, denn als in großer Not war, hast du mich vergessen!“ Schwestern und Brüder, eine wahre Religion, ein wahrer Glaube erkennen wir daran, wenn in jedem Menschen ein Kind Gottes gesehen wird.

DREIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHREIS (A): 15.11.2020

DREIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 2020-11-15

KERNBOTSCHAFT: Gott traut uns Lebenswachstum und Erfüllung zu. Wir können immer in das Gottvertrauen hineinwachsen.

Wir sind zum Gottvertrauen eingeladen: Wir sind meistens geneigt, gerade bei diesem Gleichnis in die Falle der Moral hineinzutappen. Da sind die zwei Diener, die mit den empfangenen Ausstattungen verdienstvoll gewirtschaftet haben. Sie werden auch entsprechend gelobt. Kritisch betrachtet, fällt mir die Vorstellung sehr schwer, wie der dritte Diener in die gleiche Marktsituation mit seiner finanziellen Ausstattung hineingehen sollte, um einen sichtbaren Erfolg zu erwirtschaften. Steckt nicht vielleicht die große soziale Frage der Umverteilungsgerechtigkeit im Raum? Es geht jedoch um mehr als um ein bloßes Wirtschaften. Ginge es um eine reine Wirtschaftstüchtigkeit, hätte ich einen großen Vorbehalt gegenüber der Ungleichheit des Ausgangspunkts. Aber nein! Die Gleichnisse Jesu gehen immer tiefer. Sie offenbaren uns das innerste Geheimnis Gottes wie auch das Geheimnis des menschlichen Lebens vor Gott. Gottes Wesen ist aber Zuwendung. „Jesus stellte mit seinen Gleichnissen die Menschen mitten im Leben direkt vor Gott.“ Er kommt jedem Menschen mit seinem Wohlwollen entgegen und ermöglicht ihm dadurch seine eigene Lebensentfaltung. Ich finde, dass dieses Bild der Talente uns anschaulich macht, wie erfüllt unser Leben sein kann, wenn wir Gott in unser Leben einlassen, wenn wir ihm Vertrauen schenken. Es geht auch vor allem darum, dass wir im jeweiligen Augenblick das Notwendige tun.

In der Lebensgemeinschaft mit Gott entfaltet sich unser Leben: Am Ende dieses Gleichnisses von anvertrauten Talenten steht Jesus als das schönste und höchste Geschenk, das Gott an uns macht. Da hört die Denkkategorie von Erfolg und menschliche Leistung auf. Worum es geht und worauf es ankommt, ist die Annahme mit ganzem Herzen. Denn nur ein aufnahmebereites Herz kann ein würdiger „Haushalter Gottes“ sein. Das Bild der Wirtschaftsleistung ist eben ein Bild für das, was Gott uns Menschen entgegenhält. Auf die Herzensgüte kommt es allemal an. Es geht um die Wertschätzung der Güte, die mir Gott schenkt. Das letzte Kapitel des Buches der Sprichwörter hebt besonders die Lebensgemeinschaft mit Gott hervor, aus der wir unser eigenes Leben viel sinnvoller gestalten können. Gott wird als Weisheit in weiblicher Gestalt dargestellt, deren Fürsorglichkeit den Menschen gut tut. „Voll Lust arbeitet sie mit ihren Händen“, „öffnet sie für die Bedürftigen“ und „reicht ihre Hände dem Armen“. So sieht es aus mit der Sorge Gottes. Frage: Wie hätte es für den dritten Diener im Evangelium ausgeschaut, wenn er Gott Vertrauen geschenkt hätte? Er hätte höchstwahrscheinlich seine Angst verloren und hätte aus dem einen Talent, das er erhalten hat dennoch Wunderschönes machen können. Wir könnten des Öfteren mit dem Apostel Paulus sagen: „Meine Gnade genügt dir“ (2 Kor 12,9b).

Vorherige 10 Artikel Nächste 10 Artikel

Zurück