SECHSTER SONNTAG DER OSTERZEIT (A): 2020-05-17 |
SECHSTER SONNTAG DER OSTERZEIT (A): 2020-05-17 KERNBOTSCHAFT: Christen*innen sind Menschen, die erfüllt vom Heiligen Geist Sinn und Hoffnung in dieser Welt stiften. Der Abschiedsschmerz ist ein besonderer Ort der Offenbarung wahren Lebens: Der Abschiedsschmerz ist keinem und keiner von uns fremd. Abschied ist in seinen unterschiedlichsten Formen eine verrückte Angelegenheit. Er birgt aber zugleich ein unbeschreiblich schönes Geheimnis. Entweder spüren wir, was wir verloren haben und allzu gern gehabt hätten, oder wir spüren etwas, was wir gewonnen haben und uns dennoch unvollendet zurücklassen. Wir können unmöglich von etwas Abschied nehmen, was uns einmal tief berührt hat. Was uns einmal zutiefst berührt hat, stirbt nicht mehr, sondern verlebendigt sich durch die Erinnerung. Mein Vater ist 1987 gestorben und meine Mutter 2009. Dennoch trage ich das berührende Bild seiner innigen Umarmung bei meinem Abschied von Nigeria am Taxistand sowie die Tränen einer Mutter, die ihren Sohn an die Fremde >>verliert<<. Vielleicht ist es für unser seelisches Wohlbefinden sehr wichtig, wenn wir immer wieder innehalten und uns bewusst werden, wo die Knotenpunkte solcher Berührungen in unserem Leben waren. In einem solchen Tun steckt eine große Orientierungsmöglichkeit. In ihm steckt eine Lebenskraft. Das große Geschenk bleibender Gegenwart Jesu bei seinem Abschied: Es gibt eine jesuanische Kunst der Seelsorge, die sich wie roter Faden durch alle vier Evangelien durchzieht. Diese jesuanische Seelsorgestrategie hat die Selbstwerdung des Menschen zum Inhalt. Jesus hat sein ganzes Leben in dieser Welt eine aufbauende, eine aufrichtende Seelsorge betrieben. Sie war die Umsetzung des Reiches Gottes. Diese Worte Jesu beim Abschied sind trostreich und hoffnungsvoll: „Ihr kennt den Beistand, den Geist der Wahrheit, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird.“ Der Heiliger Geist heißt auf Griechisch parakletos, Herbeigerufener. Was Jesus seinen Aposteln zum Abschied gibt, wird bleiben. Wir sind Erben der Apostel. Weil der Heiliger Geist in uns ist, können wir ihn in vielen Entscheidungssituationen herbeirufen, ja, hervorrufen. Eine der schönsten Aussagen in der Bibel, die die Kraftquellen meines Lebens und meiner christlichen Spiritualität bilden, ist die Aussage bei Paulus, dass wir der Tempel des Heiligen Geistes sind und dass er in uns wohnt; und wir sind um einen teuren Preis erkauft worden [durch die Lebenshingabe Jesu, Anm.] (1 Kor 6,20). Aufbauend auf dieses Bewusstsein ruft darum Petrus in der zweiten Lesung zu einer lebendigen christlichen Spiritualität auf: „Heiligt in eurem Herzen Christus, den Herrn!“ Darin liegt der Anfang christlichen Zeugnisses in unserer heutigen Gesellschaft: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt!“ Zum Kirchenprofil in unserer Gesellschaft gehört es, dass die Christen*innen wissen und bezeugen, wofür sie stehen. Ich finde diese Worte des französischen Diplomat und Schriftstellers Paul Claudel sehr zutreffend für unser Christsein heute: „Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, dass man dich fragt!“ Möge der Gott Jesu Christi stets durch uns im Alltag spür- und erlebbar werden: wenn ich den Strom des Lebens und der Liebe tief im Herzen spüre, in einem erbaulichen Gespräch, in dem niemand >>gewinnen<< muss, sondern das Leben im Austausch hellsichtiger und transparent auf Gott hin wird. |
(red) |
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