VIERZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 05.07.2020

VIERZEHNTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 2020-07-05

KERNBOTSCHAFT: Jesus ist sowohl die christliche Lebensschule als auch der Lehrmeister des Lebens. Auf ihn zu hören, heißt darauf zu achten, was uns im Alltag überfordert.

Das Leben ist eine beständige Berufung zu Selbstbeschränkung und Selbstüberschreitung: Im Gedicht „STUFEN“ von Hermann Hesse, das längst zu meiner Lebensphilosophie geworden ist, heißt es in den letzten zwei Zeilen: „Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden … Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!“ Wie wahr in der Tat! „Des Lebens Ruf an uns“ wird nicht nur niemals enden, sondern ist sehr vielfältig und unterschiedlich gewichtig. Die Verantwortung, die wir im Leben und fürs Leben tragen, kann uns schon sehr fordern und uns bis an die Grenze der Belastbarkeit treiben. Darum ist die Ferien- bzw. die Urlaubszeit „des Lebens Ruf an uns“, uns zu begrenzen und gleichzeitig Grenzen zu überschreiten. Wir erkennen in der Selbstbegrenzung, dass es die Grenze der Leistung und der Belastbarkeit gibt und entdecken dabei einen Raum des nicht-leistbaren Lebens; wir spüren und kommen darauf, dass das wahre Leben einen Geschenkcharakter hat. Im Geiste dieses wunderbaren Gedichtes von Hesse müssen wir beständig das Abschiednehmen üben: Abschied von Dingen und Menschen, Abschied von festgefahrenen Gedanken und von uns selbst. Wir müssen immer wieder Abschied von uns selbst nehmen, um uns selbst wiederfinden zu können.

Wer das Leben gewinnen will, hört oft auf Jesus: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken.“ Einmal habe ich mich versprochen und Jesu Wort verfremdet: „Kommt alle zu mir, die ihr geladen seid.“ Im Nachhinein dachte ich mir, dass es ein genialer Streich war. Denn „Beladen-Sein“ und „Geladen-Sein“ sind oft nicht weit voneinander getrennt! Zuerst sagt uns Jesus, wie es bei Gott aussieht, worin Gottes Weisheit besteht: Das Unerwartete und oft Missachtete ist Gottes privilegierter Weg in dieser Welt. Jesus hat dabei nie ausgespart mit seiner scharfen Kritik an der Blindheit der Frommen und Unbeweglichkeit der sogenannten Weisen und Klugen. Wieder sind wir mit der „jesuanischen Zumutung“ konfrontiert, die zu seiner Heilspädagogik gehört. Die ganze Heilsgeschichte ist voll von solchen Beispielen. Alsdann nimmt Jesus für sich in Anspruch, diese offenbarte Weisheit Gottes zu sein. Glücklich sind darum die Menschen, die seine Nähe suchen. Darin besteht der Sinn seiner Einladung: „Kommt alle zu mir!“. Vergessen wir aber nicht: „Die Last, von der Jesus spricht, meint nicht nur die Belastung des Berufslebens, sondern auch die Belastungen durch religiös begründete Ansprüche und Forderungen und auch die Belastungen aufgrund der Rollen, die wir ausfüllen, die wir meinen, spielen zu müssen, oder in denen wir zu funktionieren haben und die uns nicht selten überfordern.“ Nur in der Lebensschule Jesu, nur in seiner Nähe, nur wenn wir auf ihn hören und uns auf ihn einlassen, klären sich manche Rollenspiele in unserem Leben. Nur in seiner Nähe und indem wir seine Einladung bewusst annehmen, erhalten wir unsere Alltagstauglichkeit. „Des Lebens Ruf an uns hört niemals auf.“ Jesu Einladung an uns hört auch in den Ferien und in der Urlaubszeit nicht auf.

(red)


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