NEUNUNDZWANGZIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 18.10.2020

NEUNUNDZWAZIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 2020-10-18

KERNBOTSCHAFT: Die Entscheidung für Gott ist notwendigerweise eine Entscheidung für den Staat. Aber nicht umgekehrt. Die Unterscheidung ist eine stetige christliche Herausforderung.

Die Gottesfrage ernst nehmen: Jesus hatte es nicht leicht mit der gesellschaftlichen Obrigkeit. Der religiöse Machtmissbrauch war sehr verbreitete. Gegen ihn kämpften aber auch schon die Propheten, ganz besonders Amos, Jeremia und Ezekiel. Die Frage der Steuerzahlung an den Kaiser war nur ein Symptom der herrschenden Spannung zwischen den Judenchristen*innen und dem Staat. Im Römischen Reich wurde ja Julius Caesar mit „HERR“ (KYRIOS) begrüßt. Erinnert uns dieser Gruß vielleicht an „Heil Hitler“ im Nationalsozialismus? Die Juden*innen und die Judenchristen*innen wussten jedoch, dass dieser Hoheitstitel Gott allein vorbehalten war. An der Frage der Steuerzahlung sollte sich also diese Spannung zuspitzen. Nun kommen die Pharisäer (die religiösen Gesetzeshüter) und stellen Jesus eine Falle. Die Ambivalenz ihrer scheinbar harmlosen Frage ist mehr als deutlich. Wie steht nun Jesus, der sich als Sohn Gottes ausgibt zu der absoluten Souveränität Gottes gegenüber dem Kaiser (dem Staat)? Und: Ist Jesus ein Aufwiegler, wie später in seiner Anklageschrift stehen wird? In dieser hinterlistigen Situation bleibt sich Jesus jedoch ganz treu. Er, dem sehr viel an der Selbstwerdung des Menschen liegt, spielt in seiner Antwort den Pharisäern die Unterscheidungsfähigkeit zu: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört und Gott, was Gott gehört.“ Schwestern und Brüder, die Antwort Jesu ist die größte Herausforderung unserer gegenwärtigen Weltzeit. Es geht um die Gottesfrage. Meine Entscheidung für Gott müsste notwendigerweise das Wohl des Staates fördern können. Dazu gehört, dass ich eine Steuerhinterziehung vermeide. Dennoch nicht umgekehrt. Unrechtssituationen können auch vom Staat ausgehen. Darum finde ich diesen Satz des damaligen Kardinals Josef Ratzinger und späteren Papstes Benedikt XVI. sehr bemerkenswert: „Zur Kirche gehört es, nicht Staat oder Teil des Staates, sondern Überzeugungsgemeinschaft zu sein“ (1993, 23-24).

Gott hat seine ureigene Möglichkeit, um Gutes zu wirken: Unsere erste Lesung unterstreicht die Brisanz der Gottesfrage für uns. Das Unwahrscheinliche, das Unerwartete kann ein Werkzeug Gottes sein für etwas Gutes. Unser Gott ist eben ein Gott der Überraschungen. Sein Heilsplan für uns und für die Menschheitsfamilie übersteigt unser Denken und unsere Vorstellung. Die Geschichte kann uns immer wieder eine heilsame Orientierung gewähren. „Als das Volk Israel von 597 bis 538 v. Chr. im Exil in Babylon schmachtete, fügte Gott die Weltgeschichte so, dass er den Perserkönig Kyros II. (559-530) >>berief<<, das Volk Israel aus der Knechtschaft zu befreien, indem er Babylon eroberte und die Israeliten in ihre Heimat entließ“ (TD, Okt. 2020). Dieses Geschichtserlebnis wurde wieder einmal zum >>Archetypus<< ihrer Gotteserfahrung. Was können wir daraus lernen? Dass der Gott, an den wir glauben und den wir anbeten, ein befreiender Gott ist, ein Erlöser-Gott. Der Apostel Paulus freut sich für seine Gemeinde von Thessaloniki, dass ihre Mitglieder im Glauben an diesen Gott leben und wirken. Möge sich unsere eigene Beziehung zu diesem Gott immer mehr vertiefen.

(red)


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