NEUNUNDZWANZIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021.10.17

NEUNUNDZWANZIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-10-17

KERNBOTSCHAFT: Privilegien Reiterei hat die Tendenz, das innerste Wesen des Zusammenlebens zu zerstören.

Die Ursehnsucht des Menschen besser verstehen: „Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. … Was soll ich für euch tun? … Lass in deinem Reich einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen.“ Es ist erstaunlich, welche Vorstellung die zwei Brüder haben, was sie „nur für sich“ wollen. Bevor wir jedoch emotionell zu einseitig die zwei Brüder Jakobus und Johannes moralisch verurteilen, sollten wir uns fragen, was hinter ihrer Bitte wirklich steht. Sie haben sich eine besondere, persönliche Zuwendung gewünscht. Ich bin davon überzeugt, dass sie sich etwas gewünscht haben, was in allen Menschen grundgelegt ist: die unverhandelbare Würde. Sie haben die tiefste Sehnsucht eines jeden Menschen aus- und angesprochen, die Sehnsucht nach Anerkennung und Zugehörigkeit. Ihr Wunsch kann darum nicht falsch gewesen sein! Falsch war das Lüstern nach Macht. In einer vorhergehenden Auseinandersetzung korrigierte Jesus diese Machtvorstellung: „Sie hatten auf dem Weg miteinander darüber gesprochen, wer der Größte sei“ (Mk 9,35b). Diese Machtvorrangstellung war ein großes Thema im innersten Kreis der Jünger Jesu. Ein schweres Erbe des Christentums! Bis heute! Diese Versuchung lebt weiterhin in der Kirche Jesu Christi! In den kleinen und großen Pfarrgemeinden. Der Traum von der Macht ist nicht ausgeträumt!

Die pädagogische Hochschule Jesu: Mich spricht sehr an, dass Jesus die zwei Brüder keineswegs verurteilt hat. Er hat ihre Sehnsucht gut verstanden. Er wusste jedoch, dass diese Sehnsucht nach Machtvorrangstellung ein Irrweg war und ist. Jesu Hinweis ist aufschlussreich: „Ihr wisst nicht, um was ihr bittet.“ Mir scheint, dass Jesus ihnen die Frage gestellt hat: „Habt ihr euch gut überlegt, was euer Wunsch für andere bedeutet?“ Eure ersehnte Dominanz und Vorrangstellung sind eine Gefahr für das Gemeinwohl, für ein gedeihliches Zusammenleben. Die jesuanische Alternative ist viel besser und ist der gute Weg zu einem friedlichen Zusammenleben. Hört also auf mit diesem beständigen Herrschen-Wollen, denn es geschieht viel Unrecht dadurch! „Ihr wisst doch, dass die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen.“ Gerade dieser Weg führt ins Nichts! Eine solche Macht erzeugt immer mittel- und längerfristig weitere zerstörerische Macht. Dann vollzieht Jesus eine Art staunenswerte Wende im Denken und in der Haltung seiner Jünger: „Bei euch aber soll es nicht sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.“ Für Jesus ist Anerkennung überlebenswichtig für uns Menschen. Wir können sie jedoch nicht einfordern! Sie ist die Frucht einer dienenden Liebe. Wahres Menschsein besteht im Dienen; im Sich-Selbst-Zurücknehmen für die anderen. Gerade dieser eine Satz in der ersten Lesung führt uns ein in die Lebensart des Gottesknechtes: „Der Plan des Herrn wird durch ihn gelingen. … Mein Knecht, der gerechte, macht die vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich.“ Die wahre Gerechtigkeit Gottes ist darum die dienende Liebe. In die gleiche Kerbe schlägt dieser Satz aus der zweiten Lesung, wenn das Mitfühlende Dasein des Gottessohnes angesprochen wird: „Wir haben ja nicht einen Hohenpriester, der nicht mitfühlen könnte mit unserer Schwäche…“ Zum richtigen Dienen gehört ein gutes Quantum des Einfühlungsvermögens. Darin können wir uns gut und beständig einüben.

(red)


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