ZWEIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-11-07

ZWEIUNDDREISSIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (B): 2021-11-07

Schrift: 1 Kön 17,10-16; Mk 12,38-44

KERNBOTSCHAFT: Mit der Perspektive Gottes rechnen, die eine erfüllende und die Welt verwandelnde Kraft besitzt.

Staunen darüber, wie Gott am Werk ist: Immer wieder lässt uns Gott staunen über seine Wege und Möglichkeiten. „Der kleine Weg“, wie es bei der heiligen Theresa von Lisieux heißt, ist immer schon der Weg Gottes. Gott sieht die „unbedeutenden Dinge und Menschen, die wir üblicherweise nicht sehen. Das Unerwartete gehört zu der Wirkungsweise Gottes. Eine berührende Episode in der Zentralkirche meiner Heimatgemeinde wird mich wohl mein ganzes Leben begleiten: Da kam mein erster Bischof, der mich nach Österreich zur Fortsetzung meines Theologiestudiums geschickt hat, einmal zur Firmung. Nach dem Kommunionempfang steuerte ein an Schizophrenie erkrankter Mann von hinten zum Altarraum und hatte ein Brot in seiner Hand, das er offensichtlich für den Bischof gekauft hatte. Die Kirchenwächter wollten ihn daran hindern. Da sprang der Bischof sofort auf und ging dem Mann entgegen. „Bischof, das ist für dich, ganz allein!“ Sein Chauffeur nahm es ihm ab, und der Bischof wies ihn zugleich an: „Gib es in mein Auto, denn dieses Brot kommt mit mir nach Hause!“ ein Gejohle in der Kirche und der Bischof schmunzelte nur.“ Ein Mann, der kaum zweimal am Tag essen konnte! In unseren zwei Schriftlesungen sind es zwei Frauen – zwei Witwen – deren Lebensunterhalt nichts Nennenswertes war. Sie teilten das Wenige, das sie hatten dennoch! Hier ist die eine Frage, die mich sehr beschäftigt: Wie viel Freiheit muss ein Menschen haben, und, wie viel Gottvertrauen, um so handeln zu können?

Die Durchsichtigkeit und Helligkeit des wahren Lebens: Mir kommt es vor, dass diese zwei Witwen großartige Gestalten der Freiheit sind. Es ist die Freiheit zum Teilen. Ich verstehe die beiden Szenen so, dass wir erst dann Menschen sind, wenn es uns gelingt, zu teilen. Fürderhin bin ich tief davon überzeugt, dass das Teilen das Zusammenleben der Menschen viel leichter macht; dass der Weltfrieden möglich ist durch das Teilen. Beide Witwen widersprechen der Einstellung mancher Menschen, die meinen, dass sie nicht genug haben, um teilen zu können. Kein Mensch hat zu wenig oder zu viel, um zu teilen. Echtes Teilen schenkt Erfüllung, und eine solche Erfüllung wünsche ich jeder und jedem von uns.

(red)


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