LEBEN in FÜLLE |
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Leben in Fülle - einzigartig und geliebtIn einem seiner Lieder besingt der Rocksänger Bruce Springsteen die „Straßen
von Philadelphia“. Seine Songs haben meist das amerikanische Alltagsleben
zum Thema; damit ist er für weite Teile der US-Öffentlichkeit zu einer
Identifikationsfigur geworden.
Ich fühle mich kaputt und zerschlagen,
„Philadelphia“ ist ursprünglich ein biblischer Name. Übersetzt bedeutet er:
„Bruderliebe“. Im Lied werden die Stadt Philadelphia und die Erfahrungen in
dieser Stadt besungen – Erfahrungen, die Menschen in den Straßen aller
großen Städte machen. Dieses Lied ist ein Klagepsalm. Der Sänger fasst hier
in Verse, was so oder so ähnlich jede Nacht in den Straßen gebetet wird, von
Menschen, die abgestürzt und in der Gosse gelandet sind - wie und warum auch
immer. So beten viel zu viele Menschen auch bei uns - jede Nacht.
ich könnte nicht sagen, was ich fühle. Ich habe mich selber nicht mehr wiedererkannt. Ich sah mein Spiegelbild in einem Fenster. Ich kannte mein eigenes Gesicht nicht mehr. Oh, Bruder, lässt du mich zu Tode dahinsiechend liegen - In den Straßen von Philadelphia? Es ist Nacht geworden. Ich liege wach. Ich fühle, wie ich dahinschwinde. Berühre mich, Bruder, Schwester, mit deinem ungläubigen Kuss. Oder wollen wir einander so alleine lassen - In den Straßen von Philadelphia? Bruce Springsteen Christus spricht: Ich bin gekommen, damit sie da Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10 Diese Verheißung gilt uns allen. Aber sie gilt vor allem denen, die beten wie in diesem Lied. Sie gilt in erster Linie allen zerstörten und abgestürzten Menschen: „Ihr sollt leben! In und trotz all eurer Krankheit - sollt ihr leben!“, wie es in einem Slogan für Aids-infizierte Menschen heißt. Das mag ein schockierender Gedanke sein: Die sollen leben? Positiv leben? Die sollen ein Leben in Fülle haben? Ausgerechnet die, diese „hoffnungslosen“ Fälle? Die, die man „Junkies“ nennt, auf Deutsch: „Müll“? Die abge-schrieben sind und sich selbst abgeschrieben haben? Ja! Sie sollen leben! Leben in Fülle! Überall, wo Jesus heilt und böse Geister austreibt, wo er Unberührbare berührt und anrührt, und sich anrühren lässt und wo er mit ihnen isst und trinkt: da wird das Reich Gottes Wirklichkeit. Er baut das Reich Gottes nicht in den Zentren der Macht oder bei den Wohlhabenden. Jesus geht zu denen, die nichts haben und nichts sind: zu den Armen, Kranken und Elenden, zu den Angeklagten und Gedemütigten - zu den Aussätzigen im körperlichen wie im sozialen Sinn. Er geht nicht nur hin zu ihnen – er schaut sie an, er blickt ihnen in die Augen, er spricht sie an und nennt sie bei ihrem Namen und er berührt sie. Berührung kann Wunden heilen und Totenstarre lösen. Berührung kann Totgeglaubte auferstehen lassen. Natürlich entstehen da, wo sich aus solch mitfühlender Identifikation Geschwisterlichkeit entwickelt, schnell Konflikte. Das hat Jesus erlebt. Und das erleben auch heute viele, Wenn wir versuchen, mit gesellschaftlich „ausgegrenzten“ Mitmenschen brüderlich und schwesterlich umzugehen, laufen wir schnell gegen Fronten "bürgerlicher Abgrenzung". Ihr kennt doch alle die Seligpreisungen. Wen nennt denn Jesus selig? Nicht solche, die besondere Verdienste haben, die besonders fromm sind oder am Sonntag die Kirche besuchen. Nein – straffällig Gewordene, armselig Dahinvegetierende spricht er selig: „Ihr seid selig - schon zu euren Lebzeiten! Ihr seid gemeint von Gott – ihr, unverwechselbar: Ihr! Ihr, die ihr innerlich leer seid und nicht weiter wisst; ihr, die ihr verfolgt und von euren Plätzen vertrieben werdet; und auch ihr, die ihr trauert: um euch selbst, um eure verlorene Zukunft, um eure Gesundheit, um Freunde, oder eure verlorenen Kinder oder Eltern: Ihr seid von Gott angenommen – so wie ihr seid!“ Es ist nötig, den Menschen Lebensbedingungen und Hilfsangebote zu schaffen, die ihnen und ihrer Situation gemäß sind, und ihnen helfen, etwas von ihrer Menschlichkeit und Menschenwürde zurückzubekommen. Wo uns das gelingt – in aller Vorläufigkeit und Fragwürdigkeit und mit aller ehrlich eingestandenen Hilflosigkeit –, da helfen wir mit, im Sinne Jesu, ein Leben in Fülle zu ermöglichen. Vielleicht gibt es einmal eine biblische „Stadt der Geschwisterlichkeit“. Diakon Erich Gaugitsch (red) |
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