Mit neuen Augen sehen |
![]() Zum neuen Leben berufen Na und, das ist doch keine Neuigkeit. Nach Karfreitag und Karsamstag kommt eben Ostern. Das war immer so. Und das ist heute einfach dran. Aber eigentlich ist Ostern schon ein seltsames Fest, nicht nur mit Osterhasen und Eierverstecken, denn da feiern wir etwas, das wir gar nicht recht verstehen. Den Tod kennen wir und mit dem Tod müssen wir rechnen. Aber was ist Auferstehung? |
Um es gleich zu sagen: Die Auferstehung hat nichts mit einer Reanimierung zu tun und auch nichts mit Wiedergeburt (Reinkarnation). Der Tod kann nicht rückgängig gemacht werden, auch nicht der Tod Jesu. Jesus ist am Kreuz erstickt, und dann war er tot. Jesus ist von den Menschen in einen Todesgraben hinabgeworfen worden, aber von dort ist er zu neuem Leben erstanden. Zu neuem Leben. Er ist also nicht auf die Seite zurückgekehrt, wo nur von neuem der Tod auf ihn warten würde, sondern er ist uns in das Reich des Lebens, das jenseits des Todes liegt, vorausgegangen. Dorthin, wo es keinen Tod mehr gibt. Leben auf der „anderen“ Seite Von dieser „anderen“ Seite haben wir keine Ahnung, denn kein Auge hat diese Seite je gesehen... Aber gerade weil uns diese „andere“ Seite – noch – verschlossen ist, suchen wir immer wieder auf „unserer“ Seite nach der Auferstehung. Die Realität „unserer“ Seite Ob das mit der Auferstehung auch stimmt? Oder: Ich hab noch keinen gesehen, der zurückgekommen ist. Oder: Ist die Macht des Todes wirklich gebrochen? Die Gräber auf unseren Friedhöfen sind doch nicht leer – auch nach Ostern nicht, das ist doch die Realität. Ja, das ist die Realität, aber die Realität, die wir in den Blick nehmen, liegt auf „unserer“ Seite des Todes. Wie einst die Frauen beim Grab Jesu müssen wir uns auch heute sagen lassen: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Mehr als ein guter Mensch Diesen Jesus von Nazaret versuchen wir durch allerlei Wiederbelebungsversuche am Leben zu erhalten. Die einen bemühen sich, ihn als edlen Humanisten zu preisen, andere als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit oder als Weisheitslehrer. Und selbst, wenn wir fromme Lieder singen und Gottesdienste feiern, dabei aber nur die Erinnerung an längst Vergangenes pflegen, ohne den Glauben, dass Jesus jenseits des Todesgrabens wirklich lebt, dann betreiben wir letztlich nur eine Totenverehrung. Auf der Seite des Lebens Wir können Jesus nicht lebendig machen. Das vermag nur Gott. Hätte Gott ihn nicht im Tode an seine Seite zum Leben gerufen, dann wäre Jesus arm dran – und auch wir. Denn sonst könnten wir uns lediglich an der Erinnerung seines Todes festhalten. Das böte uns Menschen freilich nur schwachen oder keinen Halt. Glaube ist mehr als Gefühl Auch in der Kirche gibt es solche Wiederbelebungsversuche. Bei wie vielen ist der Glaube tot, aber für Weihnachten oder Ostern, bei Taufe, Erstkommunion, Hochzeit, Beerdigung wollen wir, dass doch etwas vom Glauben auftaucht. Oft aber bleibt es „nur“ bei Gefühlen. Wir können den Glauben nicht machen. Nur Gott kann Glauben, kann neues Leben, schenken. Bei den Lebenden suchen. Oder denken wir an manches, was sich in der Kirche einfach überlebt hat. Da hört man oft laute oder weniger laute, nur nostalgische Klagerufe nach der guten alten Zeit. Das sind Grabgesänge, die uns wach-rütteln sollen: Denn, „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?“ Geschenkte Freiheit Vor 70 Jahren, 1945, war Ostern am 1. April. Tod und Verzweiflung, wo-hin man nur sah. Der deutsche Wehrmachtsbericht meldete in dieser Woche: „Im Raum um Wien konnten die Sowjets im Nordteil des Wienerwaldes nach Westen und Norden Boden gewinnen und trotz zäher Gegenwehr unserer Truppen in die südlichen Vorstädte der Stadt eindringen. Erbitterte Kämpfe sind im Gange“. Die Rote Armee erreichte in voller Breite den Gürtel. Dort gab es kurzfristig heftige Kämpfe. Die Menschen strömten in die Kirchen, um zu beten. Eines dieser Gebete: „Nimm mich und alle, die hier versammelt sind, die ganze Gemeinde, und wende das Unglück der Tage.“ Petrus Pavlicek, ein Franziskaner-mönch, überzeugte nach dem Grau-en des Weltkrieges viele aus der österreichischen Bevölkerung, zu beten: Gott würde in all der Not der Besatzung und der Not der noch lange Jahre in Kriegsgefangenschaft in fremden Ländern verbliebenen Väter und Söhne helfen. In kurzer Zeit waren überall Menschen zum Gebet versammelt, von den einfachsten Landbewohnern bis zu Politikern. Und zur Überraschung der Welt wurde Österreich tatsächlich im Jahr 1955 der Friede beschert. Erdbeben der Auferstehung Ich kann den Hinweis auf Ostern und die Auferstehung Jesu wie andere Nachrichten als Bericht lesen ohne Emotionen, oder mich von dieser „lebensgefährlichen“ Botschaft neu treffen lassen. Immerhin hält sie sich seit 2000 Jahren hartnäckig und will nicht verstummen. Sie ist nicht umzubringen, und es ist nicht bei geringen Sachschäden geblieben. Das Erdbeben der Auferstehung kann auch heute in Bewegung versetzen. Es lädt uns persönlich ein, zu schauen und zu glauben, unser Leben mit Jesu Leben in Verbindung zu bringen. Heimat bei Gott Seit einiger Zeit frage ich mich, ob es nicht zu viel Gerede um Kirche-Neu und Theologie gibt. Gleichzeitig scheint der Platz für Glaube und Gefühl in der Diskussion zu schwinden. Was nützt uns die hohe Theologie, wenn die Menschen doch so wenig glauben? Was nützen uns hochgestochene theologische Dispute um dieses oder jenes Thema? Wem bringt die Abendmahlsdiskussion in der christlichen Ökumene wirklich etwas, wenn es mit dem Glauben an sich hapert? An der Lehre kann man vielleicht noch kleine Korrekturen vornehmen – übrigens, 50 solcher hat es im Laufe der Kirchenge-schichte bereits gegeben. Aber die Erfahrung des Glaubens bleibt unsere ureigene Erfahrung, Jesus Christus ist der Sohn Gottes. Er ist Mensch geworden und hat für alle Mal besiegelt, dass der Mensch nicht verloren ist, irgendwo im Todesgraben, sondern seine Heimat bei Gott hat. Mit dir will ich das Leben erleben! Ich wünsche uns allen einen österlichen, einen mutigen Glauben im Gespräch mit unseren Mitmenschen. „Ich wünsche uns Osteraugen, die im Tod bis zum Leben, in der Schuld bis zur Vergebung, in der Trennung bis zur Einheit, in den Wunden zur Herrlichkeit, im Menschen bis zu Gott, in Gott bis zum Menschen und im Ich zum Du zu sehen vermögen.“ (Klaus Hemmerle) Ich wünsche uns, dass wir auch sein Wort hören: Du, mit dir will ich reden, mit dir will ich leben, mit dir will ich das Leben erleben. Erich Gaugitsch (red) |
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