23. Sonntag im Jahreskreis (A): 10.09.2017

DREIUNDZWANZIGSTER SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 2017-09-10

KERNBOTSCHAFT: Am Willen zur gelebten Versöhnung zeigen sich die Glaubwürdigkeit und die Anziehungskraft der Kirche in ihrem Evangelisierungsauftrag.

Gemeindewerdung und Gemeindeordnung zünden sich an gelebten heilenden Beziehungen: Die Frage ist immer aktuell: Wie können Christinnen und Christen heute ihren Glauben glaubwürdig leben? Andersherum: Woran sollen die Menschen merken, dass eine Gruppe von unterschiedlichen Menschen eine Gemeinde ist, die sich um Jesus Christus versammelt? Bei der Beantwortung dieser und solcher Fragen kommt mir eine tiefsinnige und faszinierende Aussage in der Apostelgeschichte in den Sinn, die sich vom gesamten Leben der ersten Gemeinde ableiten lässt: „Seht, wie sie einander lieben!“ Diese Beobachtung zeigt sich an einigen markanten Stellen in der Apostelgeschichte: Apg 2,43-47; 4,32-37; und zumal 11,19-26, wo es zu einer konkreten Auswirkung gekommen ist: „In Antiochien nannte man die Jünger (und Jüngerinnen) zum ersten Mal Christen (und Christinnen).“ Die Umgangsformen der ersten Christinnen und Christen konnten nicht mehr der gesamtgesellschaftlichen Öffentlichkeit verborgen bleiben. Die Früchte des „neuen Weges“ waren deutlich zu spüren und zu beobachten. Im Mittelpunkt der Gemeindewerdung stand das Miteinander.

Die Versöhnung ist ein privilegierter Ort der Menschwerdung und der Menschlichkeit: Welche Umgangsformen in der frühen Gemeinde besonders hervorragten, sind der gesamten Gemeindeordnung im 18. Kapitel des Matthäusevangeliums zu entnehmen. Einen Aspekt davon haben wir heute vorgelesen erhalten: die Kraft der Versöhnung, die mit der geschwisterlichen Zurechtweisung einhergeht. In einer christlichen Gemeinde muss es das Pflichtbewusstsein geben, dass die Gemeindemitglieder für einander Verantwortung tragen. Wegschauen wird von Gott ernstlich geahndet! Der Prophet Ezechiel bekam es am eigenen Leib zu spüren. Ohne sich in die Freiheitsgeschichte eines Menschen einzumischen, haben alle in der Gemeinde, die um Jesus Christus und um seinen und unseren Gott eine Einheit bilden, eine geistige Verantwortung für das gute Gelingen des Lebens ihrer Gemeindemitglieder. Diese geschwisterliche Zurechtweisung ist der Kirche innerlich wesentlich.

Die Liebe allein ist glaubhaft: Das mächtigste Werkzeug und die am besten geeignete Strategie der Evangelisierung in einer zunehmend unversöhnlichen und ausgrenzenden Weltgesellschaft ist die versöhnende, vergebende und heilende Liebe. „Der Wille zu Versöhnung“ ist „Der Wille zum Sinn“ (Viktor E. Frankl, 1905-1997) in der Kirche, der Gemeinde Jesu Christi. Der Apostel Paulus formuliert überdeutlich, was Jesus im heutigen Evangelium von seinen Jüngern und Jüngerinnen eingemahnt hat: „Brüder und Schwestern! Bleibt niemand etwas schuldig; nur die Liebe schuldet ihr einander immer. Wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt“ (Röm 13,89). „Gesetz“ (Tora) ist aber die Lebensordnung. Helfen wir einander wachsen und reifen durch die geschwisterliche Zurechtweisung! Lassen wir Raum in unserem Leben für ein versöhntes Leben! Denn gerade die Versöhnung ist ein wunderbarer Ort der Gnadenerfahrung!

(red)


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