31. SONNTAG IM JAHRESKREIS (A): 05.11.2017

EINUNDDREISSIGSTER SONNTAG IMAHRESKREIS (A): 2017-11-05

KERNBOTSCHAFT: Ob nun in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft, die Glaubwürdigkeit und Selbstwirksamkeit der Verkündigung liegen in der Übereinstimmung zwischen Wort und Handeln.

Die Tradition der prophetischen Wut in der Bibel: Die jüdische Tora und die christliche Bibel kennen zur Genüge den „Zorn Gottes“, der in ganz bestimmten Situationen entbrannt war. Wenn wir die Bibel lesen erkennen wir auch die „prophetische Wut“. Das Jahr 2013 wird allen Völkern der Erde in zweifacher Hinsicht in prägnanter Erinnerung bleiben: zum ersten Mal in der Geschichte der römisch-katholischen wählte das Kardinalskollegium einen nicht-europäischen Papst und wenige Monate danach, am 21.12.2013, mitten in der Adventzeit, spürte die ganze Welt seine „prophetische Wut“ gegenüber dem kurialen Personal. Der neue und furchtlose Papst bezichtigte der Kurie der „spirituellen Schizophrenie“ (einer spirituellen Gespaltenheit). Es gibt beides: die prophetische Wut und die „spirituelle Schizophrenie“. Vielleicht nicht bei der römischen Kurie!

Der barmherzige Gott ist kein harmloser Gott: Für uns Christinnen und Christen gilt: Wer Gott ernsthaft sucht, findet ihn in Jesus von Nazareth, der gekreuzigt und auferweckt wurde. „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, hat Kunde gebracht“ (Joh 1,18), so sagt Jesus. In allen Evangelien offenbart Jesus in vielen Bildern Liebe und Barmherzigkeit, aber auch in Worten und Bildern des Zornes offenbart er uns den Willen seines Vaters. Auch Jesus befand sich, wie auch sein Vorläufer und Cousin Johannes der Täufer, in der alttestamentlichen Tradition der „prophetischen Wut“. Ob es sich nun um den Zorn Gottes oder um die prophetische Wut bis hin zu Papst Franziskus handelt, immer ging und geht es um die Verteidigung eines höheren Wertes: der Wahrheit, die die Menschen frei macht. Immer ging und geht es um den heiligen Willen und die Heiligkeit Gottes. Die Ehre Gottes ist aber der lebendige Mensch, wie uns der heilige Irenäus von Lyon pflegte zu sagen.

„Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen“ (Lk 12,48): Gerade diese Worte Jesu decken sich mit dem >>Priesterspiegel<< des Propheten Maleachi und mit der >>Pharisäer-Schelte<< durch Jesus im heutigen Evangelium. Es wäre sicherlich ein großes Missverständnis zu glauben, dass Jesus eine Verflachung des Zusammenlebens unter den Menschen wollte. Ich glaube nicht, dass er gegen die Hierarchie war. Denn Hierarchien sind schon für unser menschliches Zusammenleben notwendig, weil in ihnen besondere Verantwortung und Führungskompetenz ausgedrückt werden. „Aber alle, die hierarchische Verantwortung innehaben, sollen sich ihrer heiligen Aufgabe, andere Menschen zu führen, stets bewusst sein.“ Es geht um die Herausforderung der Vorbildfunktion in der Hierarchie. „Das Wort Gottes ruft heute die zur Gewissensforschung, die sonst andern den Spiegel vorhalten oder sich auf den Richterstuhl setzen.“ „Priester (und die religiösen Verantwortlichen, NFM) haben den Zugang zum Wertvollsten der Welt, aber können innerlich abseits davon leben, ein Doppelleben führen. Gott ist unser Innenleben nicht gleichgültig, das wird in solch harten Worten deutlich.Allerdings gilt die Forderung nach der Übereinstimmung von Wort und Tat allen Christinnen und Christen. Dazu gäbe uns Gott seinen Heiligen Geist, den Geist der Erkenntnis und der Wahrheit. Amen.

(red)


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